Katharina Wendl aus Oberkohlstätten auf Heimaturlaub vom Gedenkdienst, Mein Bezirk

21.04.2017

Projekt Beschreibung

21.04.2017, 08:30 Uhr

Katharina Wendl aus Oberkohlstätten auf Heimaturlaub vom Gedenkdienst

Katharina Wendl trat im August 2016 ihren Gedenkdienst in Yad Vashem in Jerusalem an und war zu Ostern einige Tage auf Heimaturlaub in Oberkohlstätten. OBERKOHLSTÄTTEN (ps). „Ich möchte mich mit der Shoah (hebräisch für Holocaust), mit der Zeit davor und danach beschäftigen, um nicht nur die Vergangenheit, sondern auch die Gegenwart besser zu verstehen und dazu beitragen, dass die Forderung „Nie wieder!“ zu keiner heruntergeleierten Phrase verkommt.“ Deshalb entschloss sich Katharina Wendl, nach der Matura am Wimmer Gymnasium, ab August 2016 im Namen der Republik Österreich in Yad Vashem zu arbeiten, der weltweit größten Gedenkstätte zur Erinnerung an den Holocaust. Im Zuge dessen wollte die Schülerin vor allem im Archiv tätig sein und dort Dokumente (private Briefe, offizielle Schreiben) vom Deutschen ins Englische und vice versa übersetzen. „Daneben werde ich über einzelne Opfer der Shoah recherchieren und falls offizielle Delegationen aus Österreich kommen, diese in Yad Vashem begleiten“, so Katharina. Mit diesen Vorstellungen trat Katharina Wendl ihren Gedankdienst in Yad Vashem an und sprach bei ihrem Heimaturlaub mit den Bezirksblättern über ihre Aufgaben, Eindrücke und die Zeit in Israel.

Gedenkdienst eine Chance und Herausforderung

„Ich bin froh und stolz, die Möglichkeit bekommen zu haben, Gedenkdienst zu leisten. Ich sehe es als großes Privileg an, ein Jahr lang in Yad Vashem arbeiten zu können, mich mit der Shoah zu beschäftigen und jeden Tag etwas dazulernen zu können. Vor nicht allzu langer Zeit war dies noch vielen jungen Menschen aus zwei Gründen verwehrt: Entweder waren sie Frauen oder nicht wehrpflichtige Männer. Ich beschäftige mich während meines Jahres hier (zum Glück) nicht nur mit der Shoah, sondern kann in eine Kultur und Sprache eintauchen, die sehr faszinierend ist und viele Jahrhunderte lang (und auch weiterhin) die europäische Geschichte und die europäischen Kulturen mit beeinflusst hat“. Werden deine Erwartungen in Israel erfüllt, oder hast du dir diesen Dienst anders vorgestellt? „Das ist schwer zu sagen. Den Gedenkdienst habe ich mir ungefähr so vorgestellt, wie ich ihn jetzt auch mache. Wie das Archiv und mein Arbeitsplatz in Yad Vashem aussehen, habe ich mir schon etwas anders vorgestellt. Fast alle Dokumente sind digitalisiert. Die Dokumente, die ich bearbeite, finde ich in der riesigen Datenbank von Yad Vashem auf meinem Computer. Ich bin schon mit ein paar Vorstellungen, vor allem was Sicherheitsvorkehrungen betreffen, nach Israel gefahren, die sich dann als nicht wirklichkeitsgetreu herausgestellt haben. Es gibt nicht so viele Sicherheitschecks vor Einkaufszentren, Geschäften oder Bahnhöfen (wenn, dann sind sie so ähnlich wie Planquadrate) wie ich es erwartet habe. Die Militarisierung der Gesellschaft ist enorm und wirkt sich auf fast alle Bereiche des Lebens aus. Meinungen zu Europa, der EU, Waffengesetzen und den USA sind hier generell konservativer und skeptischer. Ein linkes politisches Spektrum gibt es zwar, nur ist es leider nicht so präsent und einflussreich wie (noch) in Teilen Europas. Meine Ansichten zu Politik und Gesellschaft haben sich in meiner Wahrnehmung vor Ort nicht wesentlich geändert. Die Gründe, warum ich mich z.B. als Europäerin fühle, warum es gut ist, strenge Waffengesetze zu haben, sind mir bewusster geworden, sind nun viel schneller abrufbar, weil ich hier meine Ansichten verteidigen muss. In Österreich „Die EU ist gut“ zu sagen, ruft normalerweise keine Fragen auf, ob denn die EU nicht in Wirklichkeit ein autoritärer Riesenstaat ist. Überrascht hat mich auch bis zu einem gewissen Grad, wie normal hier das Leben ist. Es ist nicht viel anders als in Österreich (abgesehen vom Klima und der Sprache). Es lebt sich. Die Schlagzeilen, die man in Österreich über Israel liest, sind nicht Hauptthema der meisten Diskussionen unter Freund/Innen und Kolleg/Innen. Im Übrigen ist die Medienberichterstattung innerhalb Israels oft eine sehr andere und vielschichtigere, als es in den ausländischen Medien dargestellt wird. Als Waldbrände in ganz Israel im November wüteten (Jerusalem war nicht davon betroffen), waren sie das große Thema in israelischen Zeitungen und Nachrichtensendungen. Von meinen Freund_innen in Österreich habe ich erst viel später vernommen, dass es ein bis zwei kurze Berichte dazu gab“, so Katharina Wendl. Wie ist das Leben in Israel, fernab von zuhause? Ganz schön. Durch neue soziale Medien ist das Heimweh nicht besonders groß. Die Arbeit gefällt mir. Meine Mitbewohner/Innen sind freundlich, Jerusalem ist toll. Ich kann mich in dieser Hinsicht nicht beschweren. Schwierigkeiten gibt es natürlich, das abzustreiten wäre lächerlich. Aber ich habe immer Unterstützung erfahren: von der Österr. Botschaft in Tel Aviv, vom Verein Gedenkdienst und natürlich von meiner Familie. Gedenkdienst war und ist hart umkämpft. In den letzten Monaten gab es Versuche vonseiten des BMASK aufgrund von finanziellen Vorgaben ihrerseits, den Gedenkdienst zu kürzen. Ich habe die Diskussionen im Verein, die Kampagne usw. mitverfolgt und mich hat das sehr bewegt, obwohl es mich nicht direkt betrifft, sondern die nächsten Jahrgänge. Die Richtlinien des BMASK, was die Förderung der Gedenkdienstleistenden anbelangt, finde ich hart, despektierlich und höhnisch gegenüber der Arbeit, die wir Gedenkdienstleistenden machen und den Lebensumständen, unter denen wir leben. Gedenkdienst ist aktive Gedenkpolitik und “Kultur, die von den jungen Menschen, die diesen Freiwilligendienst machen, im Namen der Republik Österreich nach außen getragen wird. Diese Arbeit ist wichtig. Die Arbeit, die zu tun ist, wird nicht weniger, schon gar nicht in Yad Vashem. Sie ist auch nicht weniger bedeutend als noch vor zehn oder fünfzehn Jahren – die aktuellen Entwicklungen in der Politik sowohl in Österreich als auch im Ausland zeigen, wie wichtig es ist, ein reflektiertes Geschichtsbewusstsein zu haben und zu wissen, was passiert ist und warum es in unseren Geschichtsbüchern steht – auch wenn es wehtut. Wie lange bleibst du noch? Da der Gedenkdienst ein 12,5-monatiger Freiwilligendienst ist, werde ich meinen Gedenkdienst Ende August beenden und danach zurück nach Österreich kommen. Was Tätigkeitsbericht und meine Einsatzstelle: Katharina Wendl Yad Vashem ist eine der bedeutendsten Gedenkstätten, die an die Shoah erinnern und sie wissenschaftlich dokumentieren. Durch einen Beschluss des israelischen Parlaments wurde Yad Vashem als nationale Holocaust-Gedenkstätte 1953 gegründet. Der Name „Yad Vashem“ bedeutet Denkmal und Name und ist Jesaja 56,5 entlehnt: „Ihnen allen errichte ich in meinem Haus / und in meinen Mauern ein Denkmal, ich gebe ihnen einen Namen, / der mehr wert ist als Söhne und Töchter: Einen ewigen Namen gebe ich ihnen, / der niemals ausgetilgt wird.“ Ein besonders wichtiges Ziel Yad Vashems ist es, die Namen möglichst aller Jüdinnen und Juden, die im Holocaust ermordet worden sind, herauszufinden. Die Namen können sowohl online als auch vor Ort in der Hall of Names recherchiert werden. Seit 1953 haben die Mitarbeiter_innen von Yad Vashem wertvolle Arbeit darin geleistet, Dokumente und Objekte jeder Art in Zusammenhang mit dem Holocaust zu konservieren und zu erhalten, den Holocaust zu erforschen und zu vermitteln. Das Archiv, das über 60 Millionen Dokumente beherbergt, wächst immer weiter. Noch längst nicht sind alle Akten digitalisiert und bearbeitet. Im Zuge von Projekten wie „Gathering the Fragments“ stoßen Wissenschafter_innen immer wieder auf neue Dokumente, Erinnerungsstücke und Lebensgeschichten von Holocaustüberlebenden. Das Archiv selbst ist in verschiedene Abteilungen eingeteilt. So gibt es etwa ein deutschsprachiges, ein russisch-, ein ungarisch-, und ein polnischsprachiges Archiv. Außerdem verfügt Yad Vashem über eine Bibliothek mit einem Bestand von über 130.000 Titeln in über 50 verschiedenen Sprachen, die sowohl von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Yad Vashems als auch von Außenstehenden genutzt werden kann. Doch Yad Vashem ist nicht nur eine Forschungsstätte, sondern besteht auch aus zwei Museen – dem Historischen Museum und dem Museum über Kunst im Holocaust. Beide Museen wurden 2005 mit einem überarbeiteten architektonischen wie auch museumspädagogischen Konzept neu eröffnet. Als Architekt fungierte Moshe Safdie. Das Historische Museum gestaltete die 2007 verstorbene Designerin Dorit Harel, die auch die Autorin des Buches „Facts and Feelings. Dilemmas in Designing the Yad Vashem Holocaust History Museum“ ist. Während das frühere Museum vor allem dem Antisemitismus und der anfänglichen Entwicklung des Nationalsozialismus viel Platz widmete, setzt die neue Ausstellung vermehrt auf persönliche Geschichten von jüdischen Verfolgten, die ermordet wurden oder denen es gelang, zu überleben. Daneben gibt es wechselnde Ausstellungen. Derzeit wird eine Ausstellung mit dem Titel „Children in the Holocaust: Stars without a Heaven“ gezeigt. Außerdem beherbergt Yad Vashem die International School for Holocaust Studies, die seit 1993 Weiterbildungsseminare für Lehrer_innen und Workshops für Schüler_innen und Soldat_innen der israelischen Armee durchführt. Im Tal der Gemeinden wird der im Holocaust zerstörten jüdischen Gemeinden gedacht, deren Namen auf Steinblöcken eingraviert sind. Auf dem Gelände von Yad Vashem befinden sich verschiedenste Denkmäler, etwa das Kinderdenkmal, das Partisan_innendenkmal, das Denkmal des Aufstandes im Warschauer Ghetto, das Denkmal für Janusz Korczak (das nicht an Stefania Wilczynska erinnert). Die Bäume, die in Gedenken an die Gerechten unter den Völkern gepflanzt worden sind, wachsen auf zahlreichen Grünflächen des Geländes. Die Hall of Remembrance und das Haus, in der bis vor kurzem eine Ausstellung über den Eichmann-Prozess gezeigt wurde, sind die ältesten Gebäude von Yad Vashem. Regelmäßig finden in Yad Vashem Gedenkveranstaltungen, Vorträge, Buchpräsentationen oder Verleihungen für Gerechte unter den Völkern statt. Daneben publiziert Yad Vashem jährlich Dutzende wissenschaftliche Bücher und pädagogische Materialien zum Holocaust wie auch Tagebücher und Memoiren von Jüdinnen und Juden, die im Holocaust ermordet worden sind oder ihn überlebten.

Tätigkeiten

Katalogisierungstätigkeiten bei Neueingängen im Archiv  Herbert Rosenkranz (1924-2003) war ein österreichisch-israelischer Historiker und Archivar in Yad Vashem. Von Anfang an hat er die Idee des Gedenkdienstes unterstützt. Er sammelte unergiebig alle Arten von Dokumenten, die mit Österreich, dem Nationalsozialismus und dem Holocaust zu tun haben. Bis heute arbeiten die österreichischen Gedenkdienstleistenden daran, seinen umfangreichen und wissenschaftlich besonders relevanten Nachlass zu katalogisieren, um es Wissenschafter_innen und anderen interessierten Personen zu ermöglichen, Einsicht in jene Dokumente zu erlangen. „In den letzten vier Monaten hatte ich die Gelegenheit, sehr viel über die Jüdische Gemeinde in Wien während der Zeit des Nationalsozialismus in Österreich zu lesen und zu lernen. Neben der Korrespondenz zwischen offiziellen Vertretern der Jüdischen Gemeinde und nationalsozialistischen Behörden über die Konfiszierung von Gebäuden und rituellen Objekten, antisemitische Verordnungen und die Errichtung und Organisation von Hachshara-Lagern (Umschulungslager für jüdische Auswanderer_Auswanderinnen) habe ich sehr viele Dokumente zur Flucht aus Österreich katalogisiert. Die Jüdische Gemeinde hatte zwei Abteilungen, die sich besonders mit der Erleichterung der Auswanderung von Jüdinnen und Juden beschäftigten: Die Auswanderungsabteilung sowie die Abteilung für Kinder- und Jugendwohlfahrt geleitet von Rose Schwarz. Es ist beeindrucken und erschütternd zugleich, die Bemühungen mitzuverfolgen, die Vertreter_innen der Jüdischen Gemeinde auf sich genommen haben, um so vielen Jüdinnen und Juden wie möglich zur Auswanderung zu verhelfen. Briefe zu jüdischen Hilfsorganisationen in London, Paris, Buenos Aires, New York, Oslo und anderen Städten sind verschickt worden, mit der Bitte, Jüdinnen und Juden aus Österreich die Einreise in ein für sie sicheres Land zu ermöglichen. Dabei spielte Rose Schwarz, die Leiterin der Abteilung für Kinder- und Jugendwohlfahrt eine besondere Rolle. Sie war es, die Kindertransporte nach Großbritannien organisiert hat und mit den dort ansässigen Hilfsorganisationen wie auch mit den Eltern der zu verschickenden Kindern korrespondiert hat. Für ihr unerbittliches Engagement wurden ihr sogar Gedichte gewidmet. Daneben konnte ich auch Korrespondenzen der Gildemeester-Hilfsaktion katalogisieren. Die später in ‚Gildemeester-Hilfsaktion für nicht-arische Christen‘ umbenannte Organisation wurde 1938 gegründet, um wohlhabendere Nicht-Jüdinnen und Nicht-Juden, die von den Nationalsozialisten jedoch als Jüdinnen und Juden verfolgt wurden, zu helfen. Das Österreichische Archiv O.85 beherbergt auch eine kleine Anzahl an noch nicht katalogisierten Nachkriegsgerichtsakten. Die in der 1970er Jahren von Herbert Rosenkranz in Österreich zusammengetragenen Akten dokumentieren die Verfolgung von einigen österreichischen NS-Verbrechern durch das Wiener Landesgericht für Strafsachen – kurz Volksgericht – in den Jahren unmittelbar nach Ende der Shoah und des Zweiten Weltkriegs. Von diesen umfangreichen Akten (je 550 bis 600 Seiten) habe ich bisher zwei katalogisiert. Eine dieser Akten beschreibt das Strafverfahren gegen Anton Brunner, der führend an der Deportation von österreichischen Jüdinnen und Juden beteiligt war und u.a. wegen der Verschleppung von etwa 48.500 Jüdinnen und Juden, die in Österreich ansässig waren, und der Brutalität, die er dabei gezeigt hat, zum Tode verurteilt und 1946 hingerichtet worden ist. Besonders ergreifend war es, die Zeugenaussagen von Überlebenden der sogenannten „Kommissionierungen“ Brunners und der Shoah zu lesen, katalogisieren und zu diesen weitere Informationen zu suchen. Ein wichtiges Ziel von Yad Vashem ist es, die Namen derer zu sammeln, die in der Shoah ermordet worden sind oder sie überlebt haben. Dazu gehört auch dazu, die individuelle Geschichte der Personen hinter deren Namen zu recherchieren. Eine Arbeit, die sehr umfangreich und zeitaufwändig, aber nichtsdestotrotz interessant ist. Mithilfe der verschiedenen Datenbanken von Yad Vashem, online-Nachschlagewerken und Materialien aus verwandten Akten gelingt es immer wieder, dem Schicksal einiger weniger Personen nachzuspüren. Einige Zeug_innen gaben während ihrer Anhörung Angaben zu der Deportation ihrer Verwandten oder Bekannten bekannt. Meistens reichen der Name einer Person sowie das ungefähre Datum der Deportation und/oder der Ankunftsbahnhof des Deportationszuges aus, um eine Person in jener Akte mit dem Eintrag über einzelne Deportationen in der Datenbank Transports to Extinction verknüpfen zu können. Auf diese Weise können Informationen zu einzelnen Personen, die in verschiedenen Datenbanken zu finden sind, zusammengeführt werden“, so Katharina Wendl. Nachforschungen über einzelne Opfer der Shoah, sowie Bearbeitung diverser Anfragen an das Archiv  „Bis Mitte Jänner war ich zweimal in der Woche im Beit HaKehillot (Haus der Gemeinden) damit beschäftigt, bereits archivierte Pages of Testimony im zentralen Suchsystem Yad Vashems („Sapir“) zu suchen, um sicherzustellen, dass sie sowohl online als auch offline zugänglich sind. Dieses Projekt ist nun abgeschlossen. Wenn Besucher_innen bei der Suche nach Informationen zu ihren Angehörigen Unterstützung bei der Suche und beim Verstehen von deutschsprachigen Dokumenten in den Archiven von Yad Vashem oder im Archiv des Internationalen Suchdienstes (ITS) Hilfe benötigen, werde ich hin und wieder zu Rate gezogen. Vor einigen Wochen erreichte mich eine Anfrage von der Etz Chaim Synagoge in Chania, wo ebenfalls ein Gedenkdienstleistender tätig ist, über die Verfolgungsgeschichte von Leon Betsikas, einem Juden aus Kreta, der – wie meine Recherchen gezeigt haben – laut seinem Gedenkblatt ausgefüllt von einem Angehörigen, im Vernichtungslager Auschwitz ermordet worden ist. Daneben habe ich in den letzten Monaten zwei Historikern bei der Recherche zu ungarisch-jüdischen Zwangsarbeiter_innen im Burgenland unterstützt, indem ich nach ungarischen und deutschen Testimonies der DEGOB (Deportáltakat Gondozó Országos Bizottság, National Committee for Attending Deportees), einer Ungarisch-Jüdischen Hilfsorganisation in Budapest, gesucht und diese zusammengefasst habe“, so Katharina weiter. Empfang und Führung offizieller österreichischer Delegationen  Offizielle Delegationen besuchen meist 1,5 bis 2,5 Stunden lang Yad Vashem und werden von einem Vertreter oder einer Vertreterin der österreichischen Botschaft in Tel Aviv begleitet. Nach der Begrüßung durch den Guide und mich findet eine kurze Führung durch das Historische Museum statt. Dabei wird auf die Interessen der Delegation eingegangen. Anschließend besucht die Delegation die Hall of Names. Obwohl dieser Teil Yad Vashems direkt dem Historischen Museum angeschlossen ist, gehört es nicht direkt zum Museum, sondern bildet eine eigene Forschungsabteilung, die der interessierten Öffentlichkeit zugänglich ist. Die Hall of Names ist das persönliche Denkmal, das jedem Opfer der Shoah gewidmet ist. In diesem Teil Yad Vashems werden die Pages of Testimony aufbewahrt. Die einzigartige Architektur des Raumes ermöglicht es, nicht nur Fotos, Briefe und andere Zeugnisse von einzelnen Menschen zu betrachten, die von den Nationalsozialisten verfolgt, ermordet oder vertrieben worden sind, sondern auch sich ins Bewusstsein zu rufen, dass von vielen Menschen, die im Holocaust ermordet sind, kein Name mehr auffindbar ist. Anschließend verlässt die Delegation das Historische Museum und hat die Möglichkeit, einen atemberaubenden Ausblick auf das Jerusalemer Umland zu erhaschen. Auf dem Weg von der Hall of Names zur Hall of Remembrance erzähle ich meist etwas über meinen Arbeitsplatz, da sich dieser in Sichtweite befindet. In der Hall of Remembrance findet eine Gedenkzeremonie mit Kranzniederlegung statt. Das ist für viele der Höhepunkt des Besuches von Yad Vashem. Die Person, die die Delegation anführt, wird darum gebeten, die ewige Flamme aufflackern zu lassen und den Blumenkranz auf die symbolische Grabstätte der über sechs Millionen ermordeten Jüdinnen und Juden zu legen. Im Grab selbst liegt die Asche von Ermordeten aus verschiedenen Vernichtungslagern. Deren Namen sind auf dem Boden der Hall of Remembrance sowohl in lateinischen als auch in hebräischen Buchstaben eingraviert. Nach dem Ende der Gedenkzeremonie begleite ich die Delegation vorbei an dem Pillar of Heroism, das Denkmal für jüdische Widerstandskämpfer_innen, zur Gedenkstätte für die etwa 1,5 Millionen jüdischer Kinder, die im Holocaust ermordet worden sind. Am Ausgang der Kindergedenkstätte gibt es die Möglichkeit, sich ins das Gästebuch Yad Vashems einzutragen. Falls die Delegation zum Eingangsgebäude zurückkehrt und nicht schon von der Kindergedenkstätte abgeholt wird, passieren wir auf dem Weg zurück noch das Janusz Korczak Denkmal. – 03.01.2017 – Besuch der Staatssekretärin für Diversität, Öffentlichen Dienst und Digitalisierung Muna Duzdar in Yad Vashem Muna Duzdar durfte ich zu Beginn des Jahres in Yad Vashem empfangen. Sie zeigte sich sehr interessiert an der Arbeit der Holocaustgedenkstätte und bekräftigte ihre Unterstützung für den Gedenkdienst. Besonders beeindruckt haben sie die verschiedenen Lebensgeschichten der Verfolgten und die Technologien, die Yad Vashem einsetzt, um die Shoah zeitgemäß zu vermitteln. Übersetzungsarbeiten für die Archivleitung  Das Projekt „Gathering the Fragments“ hat sich zum Ziel gesetzt, persönliche Dokumente und Objekte mit Bezug zum Holocaust zu sammeln, um so mehr über die Geschichten hinter den einzelnen Menschen zu erfahren. Hauptsächlich recherchieren die Mitarbeiter_innen dieses Projekts in Israel, kontaktieren Altenheime, Gemeinschaftszentren, Überlebendenvereinigungen und öffentliche Institutionen und organisieren Sammeltage, an denen Menschen mit Dokumenten sich an sie wenden können. Yad Vashem erstellt von den Dokumenten Kopien und fotografiert Objekte oder bekommt die Objekte von den Privatpersonen zur Verfügung gestellt. Die Mitarbeiter_innen des Projekts registrieren die eingelangten Objekte (ob Familienfotografien oder riesige, hölzerne Puppenhäuser), beschreiben sie und versuchen, diese mit weiteren Informationen, die sich möglicherweise schon im Archiv von Yad Vashem befinden, zu verknüpfen. „Gathering the Fragments“ operiert jedoch nicht nur in Israel, sondern auch in anderen Ländern. Die Dokumente, die im Büro des Forschungsprojekts einlangen, sind in verschiedenen Sprachen, sehr oft auf Deutsch, verfasst. Bisher hatte ich schon öfters die Gelegenheit, bei der Korrespondenz mit den Privatpersonen oder bei der Registrierung und Beschreibung der Dokumente meine Kolleg_innen mit meinen Deutschkenntnissen zu unterstützen. Vor einigen Wochen erreichte Yad Vashem ein in Deutsch geschriebener Brief aus Dänemark. Darin schrieb eine Frau, dass sie gerne die Fotos und Briefe ihrer Familie, der es gelang, aus Deutschland nach Dänemark und Schweden zu flüchten, Yad Vashem übergeben möchte. Um dem Team von ‚Gathering the Fragments‘ den Inhalt des Briefes zugänglich zu machen und die darauffolgende Korrespondenz zu erleichtern, übersetzte ich diese aus dem Deutschen ins Englische/Hebräische und vice versa. Um die Dokumente übersetzen zu können, besuche ich seit Beginn meines Gedenkdienstes einen Hebräisch-Kurs. Außerdem übersetze ich für eine Mitarbeiterin des Projekts regelmäßig verschiedenste bereits registrierte Dokumente aus dem Deutschen ins Englische. Weitere Tätigkeiten – Unterstützung des Bibliothekspersonals  Seit einiger Zeit unterstütze ich das Bibliothekspersonal von Yad Vashem bei der Erhaltung von Büchern und bei der Besucher_innenbetreuung. Die Yad Vashem Bibliothek besteht aus zwei Abteilungen: die zentrale Bibliothek sowie die kleine Präsenzbibliothek im Lesesaal. Der Präsenzbestand umfasst Standardwerke zur Holocaustforschung, Publikationen von Yad Vashem, wissenschaftliche Magazine und Fachbücher, Nachschlagewerke und Yizkor-Bücher. Yizkor-Bücher oder Pinkas Kehillot sind Erinnerungsbücher an die zerstörten jüdischen Gemeinden Europas. In ihnen wird das jüdische Leben in den einzelnen Gemeinden vor der Shoah beschrieben, auf berühmte Persönlichkeiten und Institutionen eingegangen und das Schicksal der Jüdinnen und Juden einer Gemeinde nahgezeichnet. Die ersten Yizkor-Bücher sind unmittelbar nach Ende der Shoah und des Zweiten Weltkriegs von Überlebenden der Gemeinden publiziert worden, die meisten jedoch zwischen 1950 und 1975. Yizkor-Bücher sind sehr wertvoll, da sie von Mitgliedern der Gemeinden selbst und daher aus einer Sicht von Innen geschrieben worden sind. Die Mehrheit der Bücher ist in kleiner Auflage erschienen. Viele davon sind später in Kooperation mit Yad Vashem noch einmal publiziert worden. Die Bücher, die in Yad Vashem verfügbar sind, sind in Hebräisch, Jiddisch oder Englisch oder zweisprachig (Hebräisch/Jiddisch, Jiddisch/Englisch) erschienen. Aufgrund ihres Wertes werden sie separat in einem versperrten Glaskasten gelagert und nur mit der Genehmigung des Personals für Forschungszwecke oder persönliche Recherchen herausgeholt. In der Bibliothek war es meine Aufgabe, diese Bücher auf etwaige altersbedingte Schäden zu untersuchen, gegebenenfalls zu reparieren und neue Aufkleber anzubringen, die die Buchrücken schonen. Daneben reorganisiere ich den Präsenzbestand der Bibliothek, die bisher nur nach Yad Vashem Publikationen, Yizkor Büchern, Nachschlagewerken und Regionen geordnet war. Nun werden die Bücher thematisch (Righteous among the Nations, Widerstand, Länder, Nachkriegsprozesse, Genocide Studies etc.) angeordnet, um Besucher_innen die Benutzung des Präsenzbestandes zu erleichtern. – So der ausführliche Bericht von Katharina Wendl über ihre Tätigkeit im Gedenkdienst in Israel.

Projekt Details

  • Datum 25. April 2017
  • Tags Pressearchiv 2017
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