Den Holocaust niemals vergessen lassen, Uni aktuell (Graz)

01.01.1997

Projekt Beschreibung

Gedenkdienst

Den Holocaust niemals vergessen lassen

(von Hermann Zwanzger)

Im Dritten Reich wurde ein ganzes Volk Opfer eines grausamen Massenmords. Jene, die durch Zufall überlebten, kommen ihre Erlebnisse bis heute nicht richtig verarbeiten, geschweige denn vergessen. Leider versuchen Ewigsemestrige noch heute immer wieder, die Dimensionen des Holocaust zu verharmlosen oder gar seine Existenz zu leugnen. Vielzu gerne wird dabei auch die Mitverantwortung Österreichs für den gewaltsamen Tod von Millionen Juden und Jüdinnen verschwiegen. Davon ausgehen, entwickelte der Innsbrucker Politologe Andreas Maislinger seine Idee des „Gedenkdiestes“. Die Arbeit von Österreichern an Gedenkstätten auf der ganzen Welt soll als Beitrag dazu dienen, eines der größten Verbrechen der Menschheit in Vergessenheit geraten zu lassen. Die 14-monatige Tätigkeit der Gedenkdienstleistenden wird vom Innenministerium unterstützt und Zivildienstpflichtigen als Zivildienst anerkannt.   Gedenkstätten im Osten und Westen Nach dem 2.Weltkrieg wurden an ehemaligen Schauplätzen des Holocaust Gedenkstätten errichtet. Diese dienen neben dem Andenken an die Opfer auch der Forschung und Dokumentation des Geschehenen. Die Erinnerungen der Überlebenden und ihrer Familine sind ein wichtiger Beitrag dazu. Gedenkstätten und jüdische Forschungseinrichtungen in Westeuropa und Amerika beschäftigen sich vor allem damit. An 14 Gedenkstätten auf derr ganzen Welt sind derzeit junge Österreicher als Gedenkdienstleistende tätig. Ihre oft sehr zeitaufwendige Tätigkeit richtet sich nach den Anforderungen der jeweiligen Gedenkstätte. Im Museum Auschwitz-Birkenau im heutigen Polen organisieren „Gedenkdiener“ die regelmäßigen stattfindenden, vom Projekt angebotenen Auschwitz-Seminare. Außerdem widmen sie sich der Arbeit im Museum am Ort des einst größten Vernichtungslagers. Die Tätigkeit im Archiv dient vorwiegend der Erhaltung und verbesserten, computergestützten Erschließung von Originaldokumenten aus der Lagerzeit. An der Gedenkstätte Theresienstadt in Prag arbeiten Gedenkdienstleistende bei wissenschaftlichen Publikationen zum Thema mit. Neben organisatorischen Tätigkeiten wurden bereits mehrere sogenannte Gedenkbücher, die an die Zeit des Lagers Theresienstadt erinnern, harausgegeben. Weitere Einsatzgebiete von Gedenkdienstleistenden in Osteuropa sind: Die Ungarische Auschwitz-Stiftung Budapest, das Jüdische Museum in Wilna (Liptauen) und der Zentralrat der Juden in der Ukraine in Keiw. In Westeuropa ist im Anne Frank Haus in Amsterdam, bei der Fondation Auschwitz in Brüssel und ab Juli 1997 am Spiro Institute in London jeweils ein Österreicher tätig. Mittlerweile kann man auch in Österreich Gedenkdienst leisten: in Braunau am Inn, wo sich ab 1997 das zentrale Büro des Vereins Gedenkdienst befinden wird, und bei der in Wien ansässigen Organisation ESRA. Sie berät und betreut Menschen, die noch heute unter der Erinnerung an den Holocaus leiden, und deren Angehörige. Die Gedenkstätten in Nordamerika zählen bei Neuinteressenten meist zu den begehrstesten Stellen. Es sind das: Holocaust Memorial Museum in Washington D.C., das Museum of Tolerance des Simon Wiesenthal Centers von Los Angeles und das Leo Baeck Institute New York. Letzteres beschäftigt zwei Österreicher, die völlig eigenständig an einem Projekt arbeiten, das die möglichst umfassende Dokumentation der Erinnerungen von jüdischen EmigrantInnen in New York zum Ziel hat. Besonders wichtig bei dieser Arbeit ist der persönliche Kontakt zu Überlebenden des Holocaust. In Form von Interviews wird versucht, deren Erlebnisse für die Nachwelt festzuhalten. Auch in Israel sind „Gedenkdiener“ im Einsatz. Die Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem umfaßt eine große Zahl von Denkmälern. Das historische Museum dokumentiert jüdisches Leben und die Verfolgung während des Naziregimes, an der „Allee der Gerechten“ haben Nichtjuden, die ihr Leben gefährdeten um Juden zu retten, Bäume gepflanzt. Die „Halle der Namen“ erinnert an die Ermordeten. Auch die in Israel tätigen Gedenkdienstleistenden widmen sich der Dokumentationsatbeit. Ein weiterer wichtiger Tätigkeitsbereich ist die Betreuung alter Menschen, die nach Israel emigriert sind.   Mitarbeit in Österreich Wer Gedenkdienst leisten möchte, muß sich mit der Thematik des Holocaust intensiv auseinandergesetzt haben. Dazu zählt neben der Lektüre entsprechender Bücher auch die zumindest einjährige Mitarbeit beim Verein Gedenkdienst, die der Vorbereitung auf einen späteren Einstz dient. Die Mitarbeiter sollen, auch durch eingene Initiativen (Organistion von Informationsveranstaltungen, Filmvorführungen, Vortragsreihen, Öfflentlichkeitsarbeit etc.) dazu beitragen, die Erinnerung an den Holocaust im mahnenden Gedenken wachzuhalten. Darüberhinaus werden zweimal jährlich Seminare in Salzburg und eine Gedenkdienst-Tagung, die jedes Mal ein bestimmtes Thema behandelt, veranstaltet. Der Leiter des Projekts, Andreas Maislinger empfiehlt Interessierten außerdem die Teilnahme an den jährlich stattfindenden „Braunauer Zeitgeschichtetagen“. Der Besuch von Auschwitz, Yad Vashem und der zukünftigen Gedenkstätte zählen ebenso zur Vorbereitung der angehenden Gedenkdienstleistenden. Grundkenntnisse der jeweiligen Landessprache sollte man ebenfalls mitbrigen. Da an fast allen Gedenkstätten nur jeweils ein „Gedenkdiener“ tätig ist, ist es nötig, bereits in Österreich Engagement zu zeigen um, für eine Stelle ausgewählt zu werden. Wenn es aber soweit ist, kann Gedenkdienst zu leisten Erfahrungen mit sich bringen, die man in dieser Form vielleicht nie hätte machen können …

Projekt Details

  • Datum 28. August 2016
  • Tags Pressearchiv 1997

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