Alternativen für Österreichische Zivildiener: auslandsdienst.at, Asfalter

01.08.2000

Projekt Beschreibung

Alternativen für Österreichische Zivildiener:

auslandsdienst.at

Zivildienstpflichtige Österreicher haben die Möglichkeit, ihre Pflicht am Staat auch außerhalb Österreichs – im Rahmen eines 14 Monate dauernden Auslandsdienstes – nachzukommen. Sie werden dabei über staatlich anerkannte Trägerorganisationen, wie den Verein für Dienste im Ausland entsandt.

Es gibt drei verschiedene Arten des Auslandsdienstes.

Gedenkdienst

Der Gedenkdienst befasst sich mit den Opfern des Nationalsozialismus. Gedenkdiener arbeiten an Holocaust-Gedenkstätten, wie Museen und Forschungseinrichtungen.

Sozialdienst

Sozialdiener sind im Rahmen von Vorhaben beschäftigt, die der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung des jeweiligen Landes dienen. Dazu gehört etwa die Arbeit mit Straßenkindern oder die Beteiligung an Projekten zur Verbesserung der Trinkwasserversorgung in Ländern der Dritten Welt.

Friedensdienst

Ein Friedensdienst wird im Rahmen von Vorhaben geleistet, die der Erreichung oder Sicherung des Friedens im Zusammenhang mit bewaffneten Konflikten dienen. Friedensdiener arbeiten z.B. in NGOs in Israel, wo sie die Menschenrechtslage analysieren und Workshops bzw. gemeinsame Initiativen der Konfliktparteien organisieren.

Für die dem Auslandsdiener entstehenden Kosten (Unterkunft, Verpflegung, Flug, etc.) gibt es vom Bundesministerium für Inneres einen Kostenersatz von derzeit bis zu ATS 138.000,- – dem Betrag, den der Staat durchschnittlich für einen regulären Zivildiener in Österreich ausgibt. Derzeit entsendet der Verein für Dienste im Ausland Auslandsdiener zu 28 Partner-Organisationen in 16 verschiedene Länder. Nähere Informationen zum Auslandsdienst finden sich im Internet unter www.auslandsdienst.at.

Einer der 37 jungen Österreicher, die gerade ihren Auslandsdienst ableisten, ist Arin Sharif-Nassab, Gedenkdiener in Krakau. Seine Erfahrungen beschreibt er im Folgenden.

Hollywood hat Krakau im Westen populär gemacht, seit Steven Spielbergs Aufarbeitungsversuch der jüngeren Geschichte kennt man auch dort das Krakauer Ghetto Podgorze, das Konzentrationslager Plaszow und dessen Kommandanten Amon Goeth. Namen, die man in Krakau nie vergessen hat. Der sadistische Amon Goeth stammte aus Wien, allein seine Taten und seine Verbrechen rechtfertigen mein Hiersein als österreichischer Gedenkdiener.

Als ich vor gut einem halben Jahr vor der Frage stand, wo, in welcher Stadt ich meinen Gedenkdienst ableisten soll, fiel mir die Entscheidung für Krakau nicht schwer. Die attraktive Kulturenklave im Südosten Polens, in Österreich manchmal besser unter dem Namen Galizien bekannt, versprach nicht nur in dieser Hinsicht spannende 14 Monate. Auch die räumliche Unmittelbarkeit, Jüdisches Viertel, ehemaliges Ghetto und Konzentrationslager sind nur wenige Gehminuten voneinander getrennt, ließ Interessantes erwarten. Dass meine Polnisch-Kenntnisse vor Dienstantritt eher spärlich, um nicht zu sagen nicht vorhanden waren, störte weder mich noch die Institution – Zentrum für Jüdische Kultur – für die ich tätig sein sollte; dass es Startprobleme gab, ist klar.

Aber die Vertiefung in die Arbeit half mir über Vieles hinweg. Meine Aufgaben liegen allgemein in der Unterstützung der Arbeit des Zentrums bei allen seinen Tätigkeiten, d.h. konkret oftmals Büro- und Übersetzungsarbeiten, aber auch Besucherbetreuung gehört dazu. Auf Rundgängen führe ich Spurensuchende durch das von den Nazis 1941 eingerichtete Ghetto. Hier, wo an jeder Straßenecke Menschen misshandelt, Menschen ermordet wurden ist noch vieles so erhalten wie vor 59 Jahren.

Als Österreicher bin ich besonders exponiert, die Assoziation zu den Tätern ist schnell geknüpft, also heißt es vorsichtig sein. Was ich sage, was ich tue wird genauer registriert, ein Fehltritt wird nicht nur mir, sondern Österreich angelastet. So lernt man wenigstens, sich vor unbedachten Worten und Äußerungen zu hüten. Der Regierungswechsel und die damit verbundenen Ereignisse in Österreich haben meine Arbeit in dieser Hinsicht nicht unbedingt erleichtert, es kommt seitdem schon mal vor, dass ich mit rüderen Worten bedacht werde, und ein israelischer Besucher wollte erst gar nicht mit mir sprechen, als er erfuhr, dass ich Österreicher bin. Auch wenn dies ein Einzelfall ist – in der Regel gibt es keine Probleme mit Besuchern, egal aus welchen Ländern – so schmerzt dieser Vorfall doch sehr.

Zu meinen positivsten Erfahrungen gehört hingegen die Arbeit mit dem Holocaust-Überlebende Bernard Offen. Er lebte als Kind in Krakau und ging durch alle Stationen der Nazi-Hölle. Nach 1945 emigrierte er in die USA und kehrte erst Anfang der 90er Jahre wieder in seine Heimatstadt zurück. Hier drehte er drei Dokumentarfilme über seine Erfahrungen im Ghetto und im KZ. Diesen Sommer wird sein sehr persönlich gefärbter Führer durch das Krakauer Ghetto und KZ erscheinen, an dessen deutscher Übersetzung ich im Augenblick arbeite. Die Bekanntschaft und die Arbeit mit Bernard Offen ist für mich eine der gewinnbringendsten Erfahrungen und lässt mich keine Sekunde an der Sinnhaftigkeit meines Gedenkdienstes zweifeln.

Arin Sharif- Nassab

Projekt Details

  • Datum 2. Juli 2016
  • Tags Pressearchiv 2000

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