Braunau wehrt sich gegen Internet-Angebote, Süddeutsche Zeitung

12.08.2000

Projekt Beschreibung

Süddeutsche Zeitung 12./13. August 2000
Braunau wehrt sich gegen Internet-Angebote Von Michael Frank Wien – Die Stadt Braunau am Inn versucht, sich mit polizeilichen Mitteln gegen historische Diffamierungen im Internet zu wehren. So hat der Bürger- meister der Geburtsstadt Adolf Hitlers eine offizielle Anfrage an die Sicherheitsdirektion des Bundeslandes Oberösterreich gerichtet, was gegen bestimmte Einträge im Netz unternommen werden kann. In einem Brief fragt Bürgermeister Gerhard Skiba bei den Ermittlungsbehörden nach „welche Möglichkeiten es gibt, derartige Eintragungen zu verbieten“. Denn unter dem Namen der Stadt tauchen Kataloge einer „Toy Soldier Gallery“ aus Deutschland auf, in denen naturalistische Puppen zweier historischer Herstellerfirmen aufgelistet sind. Unter der Rubrik „deutsche Persönlichkeiten“ tauchen darin fast ausschließlich Nationalsozialisten auf, angeführt vom Führer selbst: Hitler sitzend, Hitler stehend, Hitler stillgestanden, Hitler gehend, in allen möglichen Uniformen, mit den Symbolen des NS-Regimes, mit Hitlergruß und anderen typischen Gesten. Daneben Göring, Goebbels, Röhm, Hess und einige Generale. Nach Auskunft des Politologen und Leiters der Braunauer Zeitgeschichte-Tage Andreas Maislinger wird das Internet ständig überprüft, um „Trittbrettfahrer“ ausfindig zu machen, die aus dem Namen des Geburtsortes Hitlers politisch oder geschäftlich Profit schlagen wollen. Solche Versuche, mit dem Namen Braunau Rechtsextremisten anzusprechen, störten ganz erheblich den Versuch der Stadt, eine qualifizierte Position zur belasteten Geschichte zu finden. Braunau gilt als besonders rührig, was die Beschäftigung mit den Fragen des Nationalsozialismus, seiner Entstehung und der für heute möglichen Lehren daraus anlangt. Norbert Schrepf, der von Tutzing am Starnberger See aus die Kataloge mit den Nazipuppen und ähnliches Material vertreibt, sagt dazu, er erfülle damit einen aufklärerischen Auftrag. Der bestehe darin, dass Interessenten fest- stellen können, welche Puppen dieser Art es überhaupt gibt“. Dies seien begehrte Sammlerobjekte mit einem Wert bis zu 10 000 Mark. Im Vergangenen Jahr habe es eine Hausdurchsuchung und staatsanwaltschaftliche Ermittlung gegeben, ob seine Kataloge und seine Webseiten nicht den Verbotsbestimmungen des Strafgesetzbuches unterlägen. Danach dürfen Abzeichen, Symbole, Fahnen und Grußformen des Dritten Reiches nicht gezeigt oder benutzt werden. Die Staatsanwaltschaft habe das Verfahren später eingestellt.

Projekt Details

  • Datum 2. Juli 2016
  • Tags Pressearchiv 2000

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