Gedenkdiener verweigern Zusammenkunft mit Kurz in Israel, Tiroler Tageszeitung

09.06.2018

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INNENPOLITIK

Gedenkdiener verweigern Zusammenkunft mit Kurz in Israel

Aus Protest wegen Budgetkürzungen wollen die drei Gedenkdiener, die derzeit Dienst in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem leisten, beim Kurz-Besuch nicht anwesend sein.

Kanzler Sebastian Kurz in Israel.

© AFPKanzler Sebastian Kurz in Israel.

Wien – ÖVP-Kanzler Sebastian Kurz reist morgen nach Israel. Drei Tage wird er, begleitet von ÖVP-Bildungsminister Heinz Faßmann, dort sein. Auch die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem werden die beiden besuchen.

Nicht zugegen sein werden die drei Gedenkdiener, die derzeit Dienst in Israel leisten – aus Protest. Sie wollten „nicht als außenpolitisches Instrument eingesetzt werden, während man das Projekt Gedenkdienst aushungert“, heißt es im zuständigen Verein.

Der Gedenkdienst ist – wie der Zivildienst – ein Wehrersatzdienst; er kann zwölf Monate an Holocaust-Gedenkstätten im Ausland geleistet werden. Ausgewählt werden die „Diener“ von zwei Vereinen, dem „Gedenkdienst“ und dem „Österreichischen Auslandsdienst“. Ersterer betreut 20 der 60 Gedenkdiener. Ein weiterer Verein ist seit 2017 nicht mehr aktiv.

Vergangenen Herbst haben die Mandatare aller Parlamentsparteien dafür gestimmt, die Hilfe für Auslandsfreiwilligendienste zu erhöhen – von 700.000 auf 1,2 Millionen Euro. Individuell habe sich aber nichts verbessert, sagen „Gedenkdienst“-Vereinsvertreter. „Gedenkdienstleistende zahlen finanziell drauf. Wenn keine Ersparnisse oder unterstützende Familie vorhanden sind, kann man sich Gedenkdienst nicht leisten. Ein Armutszeugnis für die Erinnerungspolitik der Republik Österreich“, befindet der Gedenkdienstleistende Benjamin Kirchengast. Lediglich eine Stelle, jene in Auschwitz (Oswiecim), sei wegen der niedrigen Lebenshaltungskosten rein durch die Förderung finanzierbar, sagt Vereinsobmann Michael Spiegl. Jene Tätigkeiten, die gesetzlich vorgeschrieben sind, würden nicht basissubventioniert, „diese Verantwortung wird überwiegend ehrenamtlich wahrgenommen“. Es gebe zu wenig Geld – und zu viel Bürokratie für die Trägerorganisationen.

Nur noch einen Jahrgang will der Verein betreuen. Dann werde Schluss sein mit den Aktivitäten – sofern sich nichts ändere. „Es ist schade, dass der ,Gedenkdienst‘ gezwungen ist, die Entsendetätigkeit einzustellen. Damit verlieren Gedenkdienstinteressierte die Möglichkeit, Yad Vashem zu unterstützen – und dabei einzigartige Erfahrungen zu sammeln“, sagt Gedenkdiener Dominik Sölkner. Sein Kollege Georg Lang konstatiert: „Auch in Zukunft sollten junge Österreicher die Möglichkeit haben, im Gedenkdienst direkt mit Holocaustüberlebenden arbeiten zu können – zumal es schon sehr bald keine Zeitzeugen mehr geben wird.“ (kale)

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  • Date 17. September 2018
  • Tags Pressearchiv 2018
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