Aus dem Residenzplatz wurde der Rote Platz – Gedenkdienst in Moskau

Der Rote Platz in Moskau: In den Morgenstunden ist der Platz noch nicht recht belebt – bis auf ein paar Touristen und Passanten sind nicht viele Menschen unterwegs. Doch einer überquert mit entschiedenem Schritt den Platz, hat er doch ein Dokument für das Russian Research and Educational Holocaust Center sicher an den Bestimmungsort zu überbringen. Dies ist kein geringerer als der Österreichische Auslandsdiener Gabriel Paulus, der hier seinen Gedenkdienst leistet. Denn, der Salzburger hat seit ein paar Monaten den Salzburger Residenzplatz gegen den Roten Platz in Moskau eingetauscht.  Ein Bericht über die ersten Begegnungen und Erlebnisse in Moskau:

Die Stelle:

Gabriel leistet seinen Dienst am Russian Research and Educational Center. Das Zentrum hat sich in erster Linie die Aufklärung über den Genozid an den Juden während des „Großen Vaterländischen Krieges“ zur Aufgabe gemacht. Ein wichtiger Pfeiler dieser Arbeit ist die Fachbibliothek. Sie wird seit der Gründung 1992 geführt und verfügt über eine Vielzahl an Büchern in verschiedenen Sprachen zum Thema Holocaust in der Sowjetunion.

Der Tagesablauf:

Der Tagesablauf sei nie ganz gleich und immer verschieden, denn jeden Tag würden neue Aufgaben warten, erzählt er am Telefon. Gabriel fängt an zu lachen und meint, er brauche ein bisschen Zeit, um sich wieder auf Deutsch umzustellen. Er habe es schon ein bisschen verlernt hat. Arbeitsbeginn ist an der Stelle zwischen 10.00 und 11.00 Uhr Vormittags. Typisch für Moskau fährt Gabriel mit der U-Bahn zur Arbeit. An der Stelle angekommen checkt er seine Mails. Dann erwarten ihn vor allem individuelle Tätigkeiten: Dazu zählt neuerschienene Bücher für die Fachbibliothek zu recherchieren, Verlage anzuschreiben und die Bibliothek in Stand zu halten. Das heißt Gabriel muss das Register kontrollieren und Fehler aufspüren.

Einen großen Teil der Arbeit macht das oben erwähnte Transportieren verschiedener Dokumente an unterschiedliche Orte in der Stadt aus. Meistens sind das Gänge zur Post, da die Post in Moskau oft nicht direkt zum Haus kommt. Etwa zwei mal pro Woche muss Gabriel also die Sendungen direkt von der Post holen. Dabei ist er viel in der Stadt unterwegs.

Aber auch bei Dingen, die gerade so anfallen, hilft Gabriel mit. Im letzten Monat galt es zum Beispiel die 25-Jahrfeier des Holocaust-Zentrums zu organisieren. Oder er stellt Kontakt mit Botschaften her und ist auch um den Kontakt mit deutschen Institutionen bemüht. Auch half er am Aufbau mehrerer Ausstellungen, die von Moskau aus in eine andere Stadt transportiert wurden. Und auch wenn Kleinigkeiten zu erledigen sind, ist Gabriel sofort zur Stelle: Das sind dann meist klassische Bürotätigkeiten.

Bei so vielen Aufgaben ist das Highlight des Tages das Plaudern mit den Kollegen in der Mittagspause. Seine Arbeit hört zwischen 5.00 und 6.00 Uhr auf.

Veranstaltungen:

Gabriel nimmt auch an Veranstaltungen teil, zu denen er eingeladen wird. So nahm er an der alljährlichen Preisverleihung der Jegor Gaidar Stiftung für herausragende Leistungen in Zivilgesellschaft und Wirtschaft teil. Auch im Konrad Adenauer Zentrum und zu einem festlichen Abend im Gebäude der UNO war Gabriel eingeladen. Dank dieser Veranstaltungen hatte Gabriel  die Möglichkeit mit zahlreichen namhaften Persönlichkeiten zu sprechen, etwa mit Botschaftern, Veteranen des 2.Weltkriegs, dem Leiter des Lewada Zentrums Lew Gudkow, dem Ex-Premierminister Finnlands Esko Aho oder dem Sänger Jossif Kobson.

Das Leben in der Großstadt:

Neben der ganzen Arbeit ist auch noch Platz für Hobbys. So ist Gabriel regelmäßig Gasthörer in der Moskauer Staatsuni. Sportlich besucht Gabriel vier mal pro Woche einen Jin-Jitsu Kurs und läuft täglich. Und auch Museumsbesuche und Stadtbummel kommen nicht zu kurz. Kürzlich war er zum Beispiel im Jüdischen Museum Moskaus. Gabriel wohnt in einer russischen WG mit vier MitbewohnerInnen. Er lerne jetzt richtig kochen (außer Nudeln), sagt er und lacht. Er ist zufrieden mit der Entscheidung seinen Gedenkdienst in Moskau zu leisten und hat sich in der russischen Hauptstadt gut eingelebt. „Die Menschen sind so nett und offen hier“, fügt er hinzu. Gerade arbeitet Gabriel an einer Übersicht über vergangene Gedenkdiener an der Stelle und beginnt demnächst mit einer Forschung über das Schicksal österreichischer Juden auf dem Territorium der Sowjetunion.

Interessierst auch Du dich für einen Gedenkdienst am Russian Research and Educational Holocaust Center? Dann bewirb dich gleich hier!

Bericht: Maximilian Pröll