Sensibles Nachempfinden eines Grauens, Tiroler Tageszeitung, 25.01.1994

25.01.1994

Projekt Beschreibung

Ausstellung von Kunststudenten in Innsbruck, die ihre Eindrücke von Theresienstadt zu Papier gebracht haben

Sensibles Nachempfinden eines Grauens

INNSBRUCK. Theresienstadt, das ehemalige Konzentrationslager in der Nähe von Prag: fünf Tage verbrachten 14 junge Kunststudenten der Meisterklasse Anton Lehmden der Wiener Akademie der bildenden Künste in der Festung und versuchten, die Vergangenheit malerisch festzuhalten. Nach einer intensiven historischen Vorbereitung begegneten die jungen Künstler – sie stammen aus Österreich, Deutschland, Bulgarien, Japan und Singapur – den Grausamkeiten der Vergangenheit und dem bedrückenden Ambiente jeder auf seine persönliche Art, was sich in der Arbeitsweise manifestierte und schlußendlich auch aus den Bildern zu lesen ist.

Die Arbeiten auf Papier sind nicht nur in verschiedenen Techniken gestaltet, sondern gliedern sich auch in unterschiedliche Bereiche wie reine Landschaften, dokumentarische Bereiche mit nachempfundenem Realismus (wozu sich einer der Studenten zum Beispiel zwei Tage in einer der kleinen Zellen einschließen ließ) oder Denkmäler. In Innsbruck hat die Wanderausstellung, die bis jetzt in Terezin, Prag und Wien zu sehen war und dann in Linz, Jerusalem, Amsterdam, Rom, New York und Washington weitergegeben wird, noch einen drückenden Aspekt zusätzlich erhalten: Hubert Dobler hat den Raum in schmalen Reihen mit roten Nelken ausgelegt, die frappant an die Gräberformationen von Kriegsgefallenen erinnern. Er forciert damit die Sensibilität gegenüber den Bildern, die an der Wand hängen. Der Raum ist mit den Nelken eingeteilt, man muß sich seine Wege zu den Bildern und den Objekten von Bernhard Schneider, der im April gerade seinen Zivildienst in Theresienstadt ableistete und in der Künstlergruppe mitarbeitete, suchen.

Die Bilder von Wessela Benderlieva, Ng Siew-Eng, Barbara Klapper, Judith Exel, Eiji Taketomi, Dominik Doppel, Natalia Schneider-Mezricky, Silke Maier, Ko Warum, Johannes Schweiger, Anne Suttner, Hubert Dobler, Peter Pohl und Michael Hedwig ergehen sich nicht in Horrorszenarien, sondern sind eine ernsthaft Auseinandersetzung mit dem Thema gelungen, wobei das individuelle Empfinden nur unterschwellig und der Sensibilität des Betrachters entsprechend weitergegeben wird. Die Blätter sind durchwegs von hoher Qualität. Lehmden selbst ist übrigens mit einem zwischen 1978 und 1982 entstandenen „Kriegsbild III“ (Öl auf Holz) auch vertreten. U.PHILADELPHY

Ausstellungsort: Schloß Büchsenhausen, Weiherburggasse 13, Innsbruck Ausstellungsdauer: bis 18.Februar

Öffnungszeiten: Mittwoch, Donnerstag, 10 bis 13, 15 bis 19 Uhr, Freitag 15 bis 19 Uhr, Samstag, Sonntag, 14 bis 17 Uhr (28.Jänner geschlossen).

Projekt Details

  • Datum 25. August 2016
  • Tags Pressearchiv 1994

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