Projekt Beschreibung
Zwei Oberösterreicher über ihre Erfahrungen im Auslandsdienst in Auschwitz.
Oswiecim ist eine kleine polnische Stadt an der Sola, die vor dem Ersten Weltkrieg zu Österreich-Ungarn gehörte. Rund 40.000 Menschen leben hier. Sie ist etwa 50 Kilometer vom pittoresken Krakau entfernt. Mehr als eineinhalb Millionen Touristen kommen jedes Jahr hierher. Ein Summe, unter der die Bewohner auch leiden. Doch an all das denkt kaum jemand, wenn er die deutsche Bezeichnung dieses Städtchens hört: Auschwitz.
„Bei Auschwitz ist der erste Gedanke: Holocaust“, sagt Michael Holzmannhofer. Er hat vor sieben Jahren seinen Auslandsdienst im Jüdischen Museum in Oswiecim geleistet (das mit dem ehemaligen KZ nichts zu tun hat). „Die Bewohner haben gelernt, mit der Geschichte zu leben – sie ist allgegenwärtig. Was sollten sie tun? Anders ist es für Unternehmen, die haben einen Nachteil. Wer will schon ‚Auschwitz‘ als Adresse haben?“
Ihm hat diese Adresse nichts ausgemacht – im Gegenteil. Ein halbes Jahr war er hier – den zweiten Teil seines Dienstes leistete er im Amerikanisch-Jüdischen Zentrum in New York. „Der Auslandsdienst war das schönste Jahr bisher, du erhältst so viele neue Eindrücke.“
Eindrücke, die einen jungen Menschen formen und prägen. „Ich bin wachsamer und sensibler für entsprechende Themen und Aussagen geworden. Es hat auch meinen Entschluss bestärkt, Jus zu studieren – in beiden Welten geht es um Menschenrechte.“
„Aufstehen, ‚Nein‘ sagen!“
Privat war Holzmannhofer während seines Auslandsdienstes regelmäßig im ehemaligen KZ und hat als Vermittler für Bekannte gedient, hat ihnen die Geschehnisse rund um die Nazi-Gräuel näher gebracht. „Sie zur Gänze erfassen, das ist jedoch schwer“, sagt Holzmannhofer, der den Blick in die Vergangenheit als wichtig erachtet. „Nicht in der Vergangenheit leben, aus ihr lernen“, sagt er und verweist darauf, dass es nicht nötig ist, in den Geschichtsbüchern bis 1945 zurückzublättern. „Es gab Genozide, die nicht so lange her sind – Ruanda und Srebrenica waren in den 1990er-Jahren.“
Sich gegen Menschenfeindlichkeit – egal ob Völker, Frauen oder Behinderte betroffen sind – klar zu positionieren, ist für ihn selbstverständlich: „Aufstehen, ‚Nein‘ sagen, wachsam sein auch im kleinen Kreis! – Selbst wenn es unpopulär ist.“
Etwas mehr als ein Jahr vor Holzmannhofer leistete Dominik Reiterer seinen Auslandsdienst in Auschwitz. Eine Entscheidung, die sich jedoch nicht ad hoc umsetzen lässt. Wer diesen Ersatzdienst zum Zivildienst leisten will, der muss sich mindestens ein Jahr vor Antritt intensiv mit seiner künftigen Aufgabe beschäftigen. „Die Vorbereitung dauerte fast zwei Jahre“, sagt Reiterer, der sich ebenfalls gerne an diese Zeit erinnert. Eine Zeit, in die auch ein Treffen mit dem Überlebenden Marko Feingold fiel, der im Vorjahr verstorben ist.
„Besucher, die das erste Mal das ehemaligen Konzentrationslager besichtigen“, erinnert sich Reiterer, „verschlägt es die Sprache. Viele suchen danach ruhige Gespräche, um die Erschütterung zu verarbeiten. Niemanden, der einmal hier gewesen ist, lässt das kalt. Verstärkt werden die Eindrücke, wenn man sich klarmacht, dass es noch gar nicht so lange her ist. Wir sind die letzte Generation, die noch mit Zeitzeugen reden kann. Das Wissen über diese Zeit kommt aus erster Hand, in hundert Jahren ist das nicht mehr so.“
Nähere Informationen über Möglichkeiten und Örtlichkeiten, wie und wo der Auslandsdienst absolviert werden kann, finden Sie auf: www.auslandsdienst.at www.gedenkdienst.at
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Projekt Details
- Datum 25. Januar 2020
- Tags Pressearchiv 2020