Gedenkdiener stieß in Archiv auf Geschichte von Braunau-Befreier

02.06.2014

Projekt Beschreibung

Oberösterreichische Nachrichten, 02.06.2014 Gedenkdiener stieß in Archiv auf Geschichte von Braunau-Befreier
BRAUNAU/LOS ANGELES. Der deutsche Jude Ralph Leeser fand 1945 im Hitler-Haus in Braunau viele Bücher über das Judentum.
Gedenkdiener stieß in Archiv auf Geschichte von Braunau-Befreier

Ralph Leeser Bild: USC Shoah Foundation

Manuel Müller, Gedenkdiener an der USC Shoah Foundation in Los Angeles, hat im dortigen Archiv Unterlagen ausgegraben, die ganz eng mit Braunau und dem Hitler-Haus verknüpft sind. Konkret geht es um die Lebensgeschichte von Ralph Leeser, einem deutschen Juden, dessen Familie das nahende Nazi-Unheil vorausgeahnt hatte und Ende der 30er-Jahre in die Vereinigten Staaten von Amerika emigriert war.
Der am 19. Mai 1925 im deutschen Wanne geborene Jude, der mit seiner Familie bereits heftigem Antisemitismus ausgesetzt war, landete zunächst in New York und siedelte sich später in New Jersey an. Noch während Ralph Leeser die High School besuchte, entschloss er sich, zum Militär zu gehen.
Der Zugang zur Navy blieb ihm zwar verschlossen, weil diese nur US-Staatsbürger akzeptierte, bei der Infanterie wurde er aber mit offenen Armen aufgenommen, wie aus den Archivunterlagen hervorgeht. Am 1. Jänner 1945 verließ Ralph Leeser als Angehöriger der 80. Infanterie-Division der Dritten Armee die USA wieder Richtung Europa, wo er in Frankreich, Deutschland und schließlich in Österreich kämpfte.
Und so wurde der deutsche Jude, der aufgrund seiner Sprachkenntnisse von seinen Vorgesetzten häufig als Bindeglied zur Lokalbevölkerung eingesetzt wurde, auch zum Mitbefreier von Braunau.
Ralph Leeser wusste natürlich, dass Adolf Hitler in Braunau auf die Welt gekommen war.
Weg führte in Hitler-Haus
Daher führte ihn einer seiner ersten Wege auch ins Geburtshaus Hitlers. Was er dort sah, erstaunte Leeser. Der US-Soldat entdeckte dort zahlreiche jiddische Bücher und Werke über das Judentum. Einige davon nahm er mit und übergab sie später an ein Holocaust-Museum in den USA.
Im ersten Stock des Hauses fand Ralph Leeser auch eine Hitler-Büste, der er allerdings umgehend ein Ende bereitete. Er warf sie aus dem Fenster. Spätestens damals war seine Botschaft für die Zukunft klar.
„Im Leben“, so ist es in der Dokumentation im Archiv der USC Shoah Foundation, jenem Institut, das im Jahr 1994 von Regisseur Steven Spielberg nach den Dreharbeiten von „Schindlers Liste“ gegründet wurde, überliefert, „gebe es immer Personen, die versuchen würden, Hass zu säen“.
Man müsse sich dessen bewusst sein und versuchen, herauszufinden, was man gegen die Gewalt und die Missverständnisse, die daraus entstehen, machen kann, folgerte er. Ralph Leeser starb am 3. April 2001. Vor wenigen Tagen wäre er 89 Jahre alt geworden. (ho)

Projekt Details

  • Datum 23. Oktober 2016
  • Tags Pressearchiv 2014

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