Botschafter des Gedenkens, Der Standard

07.03.2001

Projekt Beschreibung

Der Standard 7. März 2001 Botschafter des Gedenkens Vier junge Österreicher leisten ihren Zivildienst derzeit in Los Angeles ab STANDARD-Mitarbeiter Florian Novak aus Los Angeles Die Situation entbehrt nicht einer gewissen historischen Ironie: Eine Schulklasse aus Deutschland zu Besuch im Museum of Tolerance in Los Angeles, durch die Holocaust-Sektion führt sie – ein Österreicher. Alexander Zlamal ist 28 Jahre alt, kommt aus Wien und stellt seinen Zivildienst in den Dienst des Gedenkens. Gemeinsam mit seinen zwei österreichischen Gedenkdiener-Kollegen Peter Mangel und Dominik Zotti arbeitet er am Simon-Wiesenthal-Center, der nach dem Österreicher benannten jüdischen Menschenrechtsorganisation, die das Museum beherbergt. Neben Besucherführungen auf Englisch und Deutsch sortieren sie Bücher in der Bibliothek, helfen bei Rechercheaufträgen von Filmfirmen, scannen historische Fotos aus dem Archiv und begleiten Volksschulkinder in einem speziell entwickelten pädagogischen Programm, das zu mehr Toleranz erziehen soll. Gespräche mit Holocaust-Überlebenden gehören ebenso dazu. „Es gibt sehr viele, die sich nicht vorstellen können, nach Wien zurückzukommen, nicht einmal auf Besuch, weil so schreckliche Erinnerungen damit verknüpft sind“, stößt Zlamal regelmäßig auf Vorbehalte gegenüber seiner Heimat. Nur eine kleine Geste Die Wirkung seiner Anwesenheit weiß er zu relativieren. Es sei nicht mehr als eine kleine Geste, allerdings mit einer klaren Botschaft, die er transportieren will: „Ihr seid nicht verstoßen aus diesem Land, das ihr und eure Familien als Hort des Terrors in Erinnerung habt.“ Über die Kritik der FPÖ, Zivildiener im Inland seien besser „als Gedenktafel-Pfleger“ im Ausland, kann er nur verständnislos den Kopf schütteln. Für Aufsehen sorgen die jungen Österreicher in den Vereinigten Staaten jedenfalls. Der Los Angeles Times war die Tätigkeit der österreichischen Zivildiener eine ganzseitige Reportage wert. Das in den USA immer wieder vorherrschende Bild vom „Nazistaat Österreich“ berichtigen will auch Philipp Hochhauser. Er leistet seinen Gedenkdienst an der vom Filmproduzenten Steven Spielberg gegründeten Schoah-Foundation in Los Angeles. Am Tag seines Dienstantritts war der 19-jährige Niederösterreicher noch schüchtern gefragt worden, ob es ihm eigentlich erlaubt sei, offen über die Geschehnisse in seiner Heimat zu sprechen. Seine Arbeitsstätte ist auf einem Filmproduktionsgelände in Los Angeles untergebracht. Dort hilft er mit, Interviews mit Überlebenden des Holocausts, die auf Video aufgezeichnet wurden, zu übersetzen und sie zu katalogisieren. „Der Gedenkdienst gibt mir die Möglichkeit, an einem der angesehensten Oral-History-Projekte der Welt aktiv mitzuarbeiten, um an der Prävention von ähnlichen Geschehnissen wie dem Holocaust mitzuwirken“, zeigt er sich motiviert. Doch die Faszination hat auch ihren Preis: Die Lebenskosten in der kalifornischen Großstadt übersteigen das von der Republik Österreich zur Verfügung gestellte Geld um ein Vielfaches. Philipp Hochhauser versucht daher, aus Spargründen die Autostadt Los Angeles mit seinem Fahrrad zu bewältigen. Entsendet wurden die vier Gedenkdiener vom Verein für Dienste im Ausland, ein vom Innsbrucker Politologen Andreas Maislinger initiiertes Projekt, das mehr als 90 Zivildienern eine Tätigkeit im Ausland ermöglicht. www.gedenkdienst.org www.wiesenthal.com www.vhf.org

Projekt Details

  • Datum 5. Juli 2016
  • Tags Pressearchiv 2001

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