Predappio will sich Vergangenheit stellen
In der italienischen Kleinstadt Predappio soll 2019 das erste Faschismus-Museum des Landes eröffnet werden. Es soll im einstigen „Faschistenhaus“ eingerichtet werden, das sich in unmittelbarer Nähe des Geburtshauses von Diktator Benito Mussolini (1883 – 1945) befindet. Mit dem Museum soll an dessen 21-jährige Herrschaft in Italien erinnert werden.
Das dreistöckige Gebäude aus den 1930er-Jahren, das als Sitz der Faschistischen Partei diente, war jahrelang verwahrlost. Der Mitte-links-Bürgermeister Predappios, Giorgio Frassineti, stellte klar, dass er keinerlei Sympathien für die extreme Rechte hege. „Wir wollen einen Beitrag leisten, um die Geschichte unseres Landes wachzuhalten“, sagte Frassineti.
Der Bürgermeister von Predappio Giorgio Frassineti
„Geschichte in den Vordergrund stellen“
Ähnlicher Ansicht ist der Berater des Bürgermeisters, Carlo Ginchi, der im Museum ein großes Dokumentationszentrum über den Faschismus in Italien einrichten will. „Wir wollen uns von ideologischen Aspekten befreien und die Geschichte in den Vordergrund stellen“, so Ginchi. Das Museum werde keine reine Sammlung von Gegenständen aus der faschistischen Epoche sein. Predappio wolle sich an München ein Beispiel nehmen, wo ein NS-Dokumentationszentrum eingerichtet wurde.
Das Faschismus-Museum soll sich über eine Fläche von 2.100 Quadratmetern erstrecken und neben dem Dokumentationszentrum auch ein Archiv, eine Bibliothek und eine permanente Ausstellung auf drei Stockwerken, ein Cafe, ein Buchgeschäft und Büros beherbergen. „Wir haben am Projekt mitgewirkt. Wir wollen dafür sorgen, dass das Faschismus-Museum historisch-wissenschaftlichen Kriterien entspricht. Wir werden keine Verzerrung der historischen Wahrheit erdulden“, sagte Carlo Sarpieri, Präsident der Partisanenvereinigung ANPI in der Provinz Forli, zu der Predappio gehört.
Austrian Holocaust Memorial Award
Im Vorjahr wurde Bürgermeister Frassineti mit dem Austrian Holocaust Memorial Award (AHMA) ausgezeichnet. „Diese Auszeichnung ist eine Anerkennung für die Bemühungen Predappios, sich mit seiner faschistischen Vergangenheit auseinanderzusetzen“, sagte Frassineti. „Mit unserem Einsatz für ein Faschismus-Museum wollen wir uns mit dem Thema totalitärer Regimes in Europa befassen, eine Frage, die besonders aktuell ist.“
„Giorgio Frassineti verfolgt mit seinem lokalen Projekt eine große europäische Vision. Er ist ein zutiefst überzeugter Demokrat und er befürchtet, dass die Demokratie in Europa gefährdet ist. Er ist ein mutiger Politiker, dessen Geschichtspolitik weit über die Grenzen Italiens hinausgeht“, sagte der Initiator des Preises und Gründer des österreichischen Gedenkdienstes, Andreas Maislinger.
Der AHMA wurde im Jahr 2006 vom Innsbrucker Verein Österreichischer Auslandsdienst gestiftet. Alljährlich wird eine Person oder Organisation, die sich durch spezielles Engagement im Bereich der Gedenkarbeit verdient gemacht hat, mit diesem Preis geehrt. Nach Preisverleihungen in China, Brasilien, Frankreich, den USA, Australien, Polen, England, Deutschland, Lettland und Argentinien ging der Preis 2016 erstmals nach Italien.
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