Zivildienstleistender als Gedenkdiener in Gedenkstätte
Die KZ-Gedenkstätte Moringen hat neuerdings Unterstützung durch einen „Gedenkdiener aus Österreich. Moringen. Seit 1. August leistet ein junger Österreicher seinen Auslands-Zivildienst in der KZ-Gedenkstätte Moringen ab. Der 18-jährige Martin Hausmaninger aus Salzburg hatte sich an den österreichischen „Verein für Dienste im Ausland“ gewandt und arbeitet nun für 14 Monate in der Moringer Bildungseinrichtung zur Thematik der NS-Zeit. Für diese Zeitung fragte Arno Schelle, Vorsitzender der Lagergemeinschaft und Gedenkstätte KZ Moringen, Hausmaninger nach Gründen für seine Entscheidung.
Herr Hausmaninger, was war Ihr Motiv, den Zivildienst nicht in Österreich abzuleisten, sondern dafür ins Ausland zu gehen?
Hausmaninger: Der Auslandsdienst ist eine gute Möglichkeit, nach der Matura (=Abitur) selbständig zu werden, weg vom Elternhaus zu gehen und er gibt mir die Chance, neue Leute während des Auslandsaufenthaltes kennenzulernen.
Welche Aufgaben hat der „Verein für Dienste im Ausland“ generell?
Hausmaninger: Dieser Verein ist eine der Trägerorganisation, die vom österreichischen Innenministerium berechtigt wurde, Zivildienstpflichtige ins Ausland zu entsenden. Wir sind in drei gesetzlich definierten Bereichen tätig: Da ist zum einen die Arbeit als sog. „Gedenkdiener“, die in KZ-Gedenkstätten zur Erinnerung an die Opfer des Holocaustes ihren Zivildienst leisten. Zweitens kann man als so genannter „Sozialdiener“ teils ähnliche Aufgaben verrichten wie im normalen Inlands-Zivildienst, nur eben im Ausland. Und drittens kann man „Friedensdiener“ werden, z.B. zur nichtmilitärischen Sicherung des Friedens in Kriesengebieten Der Friedensdienst findet zur Zeit vor allem im ehemaligen Jugoslawien und auch in Israel statt.
Welche Länder kommen für diesen Auslands-Zivildienst in frage?
Hausmaninger: Zum Beispiel die USA, Kanada, England, Polen, Deutschland, Frankreich, Italien. Genauere Informationen, Statistiken und eine Liste der Einsatzstellen sind auf unserer Homepage www.auslandsdienst.at zu finden. Wie sind Sie auf die KZ-Gedenkstätte Moringen aufmerksam geworden? Hausmaninger: Ich habe mich in Salzburg über die Homepage des „Vereins für Dienste im Ausland“ informiert und dabei Moringen als möglichen Einsatzort entdeckt. Dann habe ich Kontakt mit dem Gedenkstättenleiter Dr. Dietmar Sedlaczek aufgenommen, mich genauer informiert, mich schließlich beworbe und ein Vorstellungsgespräch hier in Moringen geführt. Daneben war die örtliche Nähe Moringens zur Studentenstadt Göttingen auch ein Faktor, mich besonders um diesen Einsatzort zu bewerben.
Sie waren vor dem Zivildienst aber auch schon ehrenamtlich für den „Verein für Auslandsdienste“ tätig?
Hausmaninger: Ja, denn der Verein ist eine Non-Profit-Organisation, die inhaltlich unter anderem vom Engagement der Auslandsdiener getragen wird. Wichtig ist, sich schon ein Jahr vor dem Beginn des Zivildienstes dort zu melden und ehrenamtlich mitzuarbeiten. Wir versuchen ständig, neue Auslandsdienst-Stellen in den genannten drei Einsatzbereichen aufzubauen.
Die KZ-Gedenkstätte Moringen hatte fast zwei Jahre auf eine Genehmigung und einen interessierten Bewerber aus Österreich gewartet, es lag hoffentlich nicht an ihrem Aufgabenzuschnitt? Wie sieht Ihr Arbeitsalltag aus?
Hausmaninger: Das mag vielleicht daran liegen, daß Moringen in kaum einem Atlas zu finden ist. An der Arbeit kann es jedenfalls nicht liegen, denn die ist so wie in den anderen Gedenkstätten sehr interessant und lehrreich. Ein Teil meiner Arbeit besteht darin, in der Verwaltung der KZ-Gedenkstätte mitzuhelfen. Ich entlaste damit Dr. Dietmar Sedlaczek als Gedenkstättenleiter. Der ehrenamtlich arbeitende Vorstand der Gedenkstätte wird ebenfalls Aufgaben an mich delegieren. Ich erweitere und überarbeite zur Zeit die Datenbanken der Gedenkstätte. Da ich Computerkenntnisse mitbringe, hoffe ich, dass ich eine gute Arbeit leisten kann. Weiterhin arbeite ich mich in die Inhalte der Geschichte der drei Moringer Konzentrationslager ein, damit ich später bei der Betreuung der Besuchergruppen mithelfen kann.
Was sind Ihre ersten Eindrücke bei der Arbeit und vom Alltag in Deutschland?
Hausmaninger: Bis jetzt fühle ich mich sehr wohl. Die Stadt Göttingen, wo ich wohne, macht auf mich einen netten Eindruck. Die Leute, die ich bereits kennengelernt habe, sind hilfsbereit und offen. Das Arbeitsklima in der KZ-Gedenkstätte Moringen ist sehr angenehm, obwohl die Inhalte, mit denen ich hier konfrontiert bin, schwierig und belastend sind und hohe Sensibilität erfordern.
Wie sieht eigentlich ein junger Österreicher die aktuelle Diskussion um den Rechtsextremismus in Deutschland?
Hausmaninger: Es ist immer wieder erschütternd, wenn man feststellen muß, dass die Nazi-Vergangenheit noch oft verdrängt wird und eigentlich zu wenig aus ihr gelernt wird. Was macht es denn so schwer, sich von der Ausländerfeindlichkeit oder von dem Antisemitismus zu distanzieren? Ich hoffe, dass mein Gedenkdienst hier in Deutschland einen Beitrag dazu leisten kann, der Öffentlichkeit zu zeigen, dass rechtsextreme Gewalt zu großem Leiden, zu unvergeßlichen Verbrechen und zur Mißachtung der Menschenrechte führt. Präventionsarbeit gegen Rechtsextremismus halte ich für eine wichtige Aufgabe. |