Zivil-GEDENKdienst in Auschwitz, Schalom

09.1996

Projekt Beschreibung

Schalom – Zeitschrift der Österreichisch-Israelischen Gesellschaft Heft 3 / September 1996
 

Zivil-GEDENKdienst in Auschwitz

Neues von der Schwestergesellschaft

Ein junger Oberösterreicher leistet derzeit im ehemaligen Konzentrationslager Auschwitz in Form des 14 Monate dauernden Gedenkdienst seinen Zividienst. Der 19jährige Martin Mayr aus Ort im Innkreis will mit diesem Einsatz ein Zeichen setzten, im Sinne des Bekenntnisses Österreichs zur Mitverantwortung am Holocaust. Den Entschluß gerade in Auschwitz arbeiten zu wollen, habe ich beim jährlichen Auschwitz-Seminar des Projekts Gedenkdienst gefaßt. Bei diesem Seminar konnte ich mein Wissen über diesen Ort vertiefen, der durch die schrecklichen Verbrechen der Nationalsozialisten für immer belastet ist‘, erzählt der junge „Gedenkdienstleistende“. Nach einem Intensivkurs in Polnisch ist Martin Mayr seit August im Archiv des ehemaligen KZ tätig, das in Sichtweite des berüchtigten Eingangstores mit der zynischen Aufschrift Arbeit macht frei im Block 4 des Stammlagers untergebracht ist. In der Computerabteilung werden Dokumente gesichert, die wegen ihres schlechten Zustandes sonst unweigerlich verloren gehen würden: „Ich bin dabei, duzende Berichte von deutschsprachigen Überlebenden zu bearbeiten und abzutippen. Viele der erschütternden Schilderungen stammen von Österreichern.“, erzählt der Gedenkdienstleistende, der auch Anfragen nach dem Schicksal von Österreichern beantwortet. „Man stößt hier immer wieder auf Spuren von Österreichern, ob als Täter oder als Opfer. Auschwitz ist ein Teil unserer Geschichte, ob wir das wollen oder nicht.“ Neben der Arbeit im Archiv betreut Martin Mayr auch österreichische Besuchergruppen, organisiert Führungen, Gespräche mit Zeitzeugen und Begegnungen zwischen polnischen und österreichischen Schulklassen. Besonders am Herzen liegt ihm, Schülern und Jugendlichen aus der Heimat die Geschichte des Holocausts näherzubringen. Dank ganz passabler Polnischkenntnisse fällt es dem jungen Österreicher auch nicht schwer, gute Kontakte zu den Einheimischen zu pflegen. „Ich habe es noch nie bereut, hier meinen Gedenkdienst zu leisten. Ganz im Gegenteil. ich habe schon viele positive Erfahrungen sammeln und die eine und die andere Freundschaft schließen können“.   Kasten Das „Projekt Gedenkdienst“ wurde vom Innsbrucker Politologen Andreas Maislinger initiiert und bietet jungen Österreichern seit 1992 die Möglichkeit, in ausländischen Holocaust Gedenkstätten zu arbeiten. Der 14 Monate dauernde Dienst wird als Ersatz für den Zivildienst anerkannt und vom Innenministerium finanziert. Gedenkdienst kann derzeit neben dem Museum Auschwitz in Yad Vashem (Jerusalem), im Ghettomuseum Theresienstadt (Tschechien), im Zentralrat der Juden der Ukraine (Kiev), im US – Holocaust Memorial Museum (Washington), im Leo Baeck – Institute (New York), sowie im Anne Frank – Haus in Amsterdam geleistet werden. Neue Stellen sind künftig die Fondation Auschwitz in Brüssel, die Theresienstätter Initiative in Prag und das Jüdische Museum in Warschau. Informationen zum Gedenkdienst unter Adresse: Dr. Andreas Maislinger, Hutterweg, 6020 Innsbruck. Tel+Fax: 0512/291087.

Projekt Details

  • Datum 3. September 2016
  • Tags Pressearchiv 1996

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