Für junge Österreicher wird es offenbar zunehmend schwierig, in den USA Gedenkdienst zu leisten. Kürzlich lehnte das US-Heimatschutzministerium (Departement of Homeland Security) einen Visa-Antrag des jungen Oberösterreichers Valentin Hofer zum zweiten Mal ab. Er sollte ab August ein Jahr lang im renommierten „Los Angeles Museum of the Holocaust“ mitarbeiten; nun wird es frühestens Februar 2008. Die Holocaust-Institution ist in Berufung gegangen und will notfalls klagen, heißt es in der „New York Times“.
„Wir fühlen uns wie David und Goliath hier“, sagte Marc Rothmann, der Leiter des kalifornischen Museums. „Wir wollen jemand ins Land bringen, der Gutes tut und er wird ausgesiebt.“ Zwar konnten laut Andreas Maislinger vom Trägerverein „Österreichischer Gedenkdienst/Austrian Holocaust Memorial Service“ bisher „schlussendlich alle“ den geplanten Gedenkdienst antreten – aber Probleme habe es „immer wieder“ gegeben. Valentin Hofer sei allerdings der einzige, der einen negativen Bescheid von der US-Botschaft erhalten habe. Hofer selbst habe mit einem positiven Ausgang gerechnet und hoffe immer noch darauf, so Maislinger, einer der Initiatoren der Gedenkdienst-Idee.
Auch im „Leo Baeck Institut“ in New York und im „Virginia Holocaust Museum“ in Richmond kennt man das Problem: Während in der New Yorker Einrichtung laut einem dort arbeitenden österreichischen Praktikanten Einreisegenehmigungen für die österreichischen Gedenkdiener monatelang und ohne jede Nachricht auf sich warten ließen, hat das Holocaust Museum in Virginia das Programm „mehr oder weniger“ eingestellt. Laut dem dortigen Bibliothekar Timothy Hensley ist der Visa- Prozess zu schwierig geworden.
Holocaust-Museum wurde nicht informiert
Im Fall von Valentin Hofer wurde das Holocaust-Museum in Los Angeles von den Behörden informiert, dass man das Gedenkdienst-Projekt nicht als anerkannten Kulturaustausch betrachte. „Die Grundhaltung ist schwer zu verstehen, gerade im Bereich der NS-Aufarbeitung“, fragt sich Maislinger auch, wieso die Beweislast bei den Gedenkdienern beziehungsweise den Gedenkdienst-Trägerorganisationen liege. Immerhin handle es sich um staatliche oder quasi-staatliche Stellen, in denen die jungen Österreicher mitarbeiten wollen. „Der Gedenkdienst solle offener begrüßt werden“, wünscht er sich: „Man könnte bei der Beantragung der Visa eigentlich auch Hilfe erwarten.“
Für die Einwanderungsbehörde erklären sich die Verzögerungen bei der Visa-Ausstellung mit „Sicherheitsfreigaben“. Dass dies gerade im Rahmen der Holocaust- Programme ein Trend sei, habe keiner bemerkt. Bis dato haben sich die wenigen Österreicher, die eine Stelle als Gedenkdiener in den USA ergatterten, in Eigenregie um ihre Einreise- und Arbeitsgenehmigung gekümmert.
Durchschnittlich fünf Gedenkdiener in den USA
Dem österreichischen Botschaftssprecher in Washington, Wolfgang Renezeder, zufolge kommen jährlich durchschnittlich nur fünf Gedenkdiener aus Österreich in die USA. Die meisten sind in anderen Länder, darunter Polen, Deutschland und Israel, im Einsatz. Dort haben sie laut Renezeder keine Schwierigkeiten, ein Visum zu erhalten.
Bis zum Alter von 28 Jahren können zivildienstpflichtige Österreicher an Stelle des regulären Zivildienstes im Ausland Dienst tun oder einen Ersatzdienst an Einrichtungen leisten, die sich dem Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus widmen. Dieser Zivilersatzdienst („Gedenkdienst“) dauert 12 Monate und wird von einem öffentlich dotierten Förderverein finanziell unterstützt.
Plassnik äußert Zweifel an US-Begründung
Sein Motiv für einen Einsatz im Rahmen des Gedenkdiensts in den USA: „Eine gewisse Vergangenheitsbewältigung für Österreich.“ Am ersten August hätte Valentin Hofer im „Los Angeles Museum of the Holocaust“ anfangen sollen. Nun findet sich der 18-jährige vor einer unerwarteten Hürde: Die Einwanderungsbehörde hat seinen Antrag auf Visum abgelehnt. Laut Hofer mit der Begründung, dass er als „High School Graduate“ nicht imstande sei, die Kultur seines Landes zu vertreten. Das sieht nicht nur die österreichische Außenministerin anders.
Der Maturant aus dem Bezirk Eferding in Oberösterreich hatte für den 12-monatigen Gedenkdienst am kalifornischen Holocaust-Museum ein sogenanntes Q1-Visum beantragt, das kulturellen Austausch zwischen den USA und Österreich ermöglicht. Das Prozedere und die Kosten in Höhe von 190 US-Dollar (140 Euro) übernahm ihm zufolge die einladende Stelle, namentlich dessen Direktor Marc Rothman. Der hat nach der zweiten Ablehnung des Gesuches seit Mai Einspruch eingelegt – und will notfalls klagen, wie die „New York Times“ am Mittwoch berichtete. Hofer zufolge kostet die nochmalige Begutachtung seines Antrags 380 US-Dollar.
Im Außenministerium hat man noch keine Kenntnis von dem konkreten Fall. Alexander Schallenberg, Sprecher von Außenministerin Ursula Plassnik (VP), betonte auf Anfrage der APA aber: „Wir unterstützen den Gedenkdienst nach Kräften.“ Die österreichischen Vertretungsbehörden würden helfen, „wann auch immer Schwierigkeiten auftreten“. Die Außenministerin wisse die „großartige Arbeit“ der Gedenkdiener zu schätzen, sagte Schallenberg. Plassnik habe sich darum auf ihrer jüngsten Nahostreise mit Gedenkdienern getroffen. „Auch bei den Partnerinstitutionen sind die Helfer gern gesehen.“ So auch Rothman: „Wir wollen jemand ins Land bringen, der Gutes tut und er wird ausgesiebt.“
Hofer steht nicht alleine da. Auch das „Virginia Holocaust Museum“ in Richmond und das „Leo Baeck Institut“ in New York haben ähnliche Erfahrungen bei der Ausstellung von Visa für ihre österreichischen Gedenkdiener gemacht: Immer kompliziertere Visa-Verfahren und monatelange Wartezeiten. In Richmond hat man das Programm darum quasi aufgegeben. Die US-Einwanderungsbehörde beruft sich auf „Sicherheitsfreigaben“, die die üblicherweise zwei Monate dauernden Verfahren verzögern würden. Im Fall Hofer bezeichnete sie das Programm des Los Angeles Holocaust Museum als „nicht anerkannten Kulturaustausch“.
Seit 1992 können Österreicher im Ausland „dienen“
Die Möglichkeit zum Gedenkdienst anstelle des Zivildienstes besteht in Österreich seit 1992. Zwei Vereine bieten Partnerinstitutionen in den USA an, die sich mit der Aufarbeitung des Nationalsozialismus beschäftigen: Der „Österreichische Gedenkdienst“ und der „Verein Gedenkdienst“. Sie vermitteln jedes Jahr eine Hand voll ausgewählter, junger Männer an Holocaust-Museen wie jenes in Los Angeles, wo diese unentgeltlich beispielsweise in den Archiven mithelfen. „Ein optimaler Ersatz für das Bundesheer“, begründete Hofer, warum er sich im Herbst 2006 beworben hat. „Man gibt Österreich etwas zurück.“ Sollte er doch noch ein Visum erhalten, wird er erst im Februar 2008 seinen Dienst antreten. Vorerst studiert er in Wien Bauingenieurswesen.