Straßenkinder; Gott, Samba & Cachaca , ZivINFO, Dezember 1999

Dezember 1999

Projekt Beschreibung

Straßenkinder

Sozialdienst in Buenos Aires

von Mag. Andreas Auer

Wie jede Großstadt in Lateinamerika, so hat sich auch die Hauptstadt von Argentinien mit der Problematik der Straßenkinder auseinanderzusetzen. Die Zahl derer, die im Stadtzentrum leben, wird auf etwa 5000 geschätzt. Ungefähr 900 von ihnen werden von der „CAINA“ (= Centro de Atenciôn Integral a la Niñez y Adolescencia), einem Tagesheim für Straßenkinder, welche das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, betreut. Durch den „Verein für Dienste im Ausland“ wurde es mir ermöglicht, im Rahmen eines Sozialdienstes 14 Monate in dieser Organisation mitzuarbeiten. Vor sieben Jahren gegründet, hat sich inzwischen dieser Zufluchtsort sehr bewährt und wird von den Kindern gerne frequentiert. Täglich (außer am Wochenende) von 9 bis 17 Uhr kehren hier zwischen 20 und 60 Kinder ein, um ihren Alltag hier zu verbringen, und nicht auf der Straße. In dieser Zeit bemüht sich ein Arbeitsteam von rund 20 Profis (Psychologen, Soziologen, Lehrer, Köche, Putzpersonal,…) um das Wohlbefinden der Kinder. Um bestmögliche Hilfe gewährleisten zu können, ist von den Kindern beim erstmaligen Besuch ein detaillierter Fragebogen auszufüllen. Auf diese Weise werden vor allem die Personalien, die Gründe für das Leben in der Straße, das Vorhandensein von Familie und das Vorliegen von Straftaten, Drogenproblemen oder Selbstmordversuchen ermittelt. In weiterer Folge werden Versuche unternommen, die Straßenkinder wieder in ihre Familie zu integrieren, doch meist scheitern diese, da oft weder das Kind noch die Eltern (oder andere Familienangehörige) ein Zusammenleben wünschen. Was in solchen Fällen den Kindern bleibt, sind die zahlreichen Hilfeleistungen, die ihnen durch die CAINA geboten werden. So etwa, was die Hygiene anbelangt, befinden sich im Heim ein Dusch- und ein Waschraum, wo Körper und Kleidung gereinigt werden können. Hinsichtlich der Ernährung erhalten die Kinder 3 Mahlzeiten am Tag. Vormittags besteht die Möglichkeit, gemeinsam mit den Betreuern in einer kleinen Turnhalle Sport (Fußball, Basketball,…) zu betreiben. Nach dem Mittagessen (teilweise auch vormittags) beginnen in diversen Werkstätten täglich wechselnde (Keramik-, Journalismus-, Zirkus-,…)Kurse. Es besteht zwar keine Teilnahmepflicht, aber diejenigen, die nicht teilnehmen wollen, haben das Tagesheim zu verlassen. So versucht man, möglichst viele Kinder dazu zu bringen, sich kreativ zu betätigen. Für die Jüngeren gibt es Lesestunden, in denen Geschichten vorgelesen werden, kleine Aufsätze geschrieben werden und Schreibübungen stattfinden. In der Zwischenzeit findet täglich etwa eine Stunde lang (von 14 bis 15 Uhr) eine Besprechung der Betreuer statt, in der die Geschehnisse und Neuigkeiten des Tages (Probleme eines Kindes, Neuzukömmlinge,…) diskutiert und Maßnahmen getroffen werden (Zuteilung eines Kindes bei Bedarf zu einem Arzt oder Psychiater; die Verschaffung eines Personalausweises; Zuteilung zu Schlafstätten von Privatpersonen oder karitativen Einrichtungen,…). Um auch die Öffentlichkeit auf die Probleme der Strassenkinder aufmerksam zu machen, erarbeiten die Kinder gemeinsam mit den Betreuern seit zwei Jahren eine Zeitschrift („Chicos de la calle“ = Strassenkinder), welche inzwischen schon zehnmal erschienen ist und in einigen Buchhandlungen verkauft wird. Außerdem findet 2-3 Mal im Jahr in einem Kulturzentrum eine Ausstellung statt, in der die Kunstwerke der Straßenkinder zum Verkauf angeboten werden. Mit den Erlösen werden neue Unterrichtsmaterialien eingekauft, um so den Werkstattbetrieb aufrechtzuerhalten. Alles in allem handelt es sich um eine sehr wertvolle Einrichtung, durch die das Leid der Kinder gemildert wird und ich bin froh, meinen verpflichtenden Zivildienst auf diese Weise absolvieren zu können. Man lernt hier viele neue Leute kennen und sammelt ebenso viele neue Erfahrungen.

Projekt Details

  • Datum 25. September 2016
  • Tags Pressearchiv 1999

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