Projekt Beschreibung
Die politische Bühne in der „Salzburger Woche“
Österreicher arbeiten die Greuel des Holocaust auf
Salzburg. „Auschwitz ist von Wien nicht viel weiter entfernt als Salzburg, in unserem Bewußtsein ist es allerdings viel, viel weiter weg.“ Seit einigen Jahren versucht der Innsbrucker Politologe Dr. Andreas Maislinger die Tatsache, daß viele Österreicher den Holocaust und die Greuel des Dritten Reichs aus ihren Köpfen verdrängen, zu ändern. Er organisiert Reisen zur jüdischen Nationalgedenkstätte „Yad Vashem“ in Jerusalem und zur Gedenkstätte im ehemaligen Konzentrationslager Auschwitz in Polen. Seit 1992 ist es aufgrund Maislingers Engagement möglich, statt des Zivildienstes einen „Gedenkdienst“ im Ausland zu absolvieren. Anläßlich der ersten internationalen Gedenkdiensttagung im Bildungshaus St.Virgil sprach „Salzburger Woche“-Redakteur Bernhard Flieher mit Andreas Maislinger.Seit mehr als zehn Jahren setzt sich der gebürtige Flachauer für die Umsetzung seiner Idee ein. „Es geht nicht um die für Österreich typische Demutshaltung, sondern um eine kritische Betrachtung der Behandlung des Holocausts in den verschiedenen Ländern“, charakterisiert Andreas Maislinger, der am Politikwissenschaftsinstitut der Universität Innsbruck als Assistent
„Wir haben den Holocaust sehr weit aus unseren Gedanken verdrängt.“arbeitet, die Arbeit in den Gedenkstätten. Diese richtet sich vor allem nach den Bedürfnissen der Gedenkstätte.
In Theresienstadt (Tschechien) ist derzeit etwa der zweite österreichische Architekt tätig, der bei der Adaptierung der Kasernen für ein Museum mithilft. In Auschwitz, Jerusalem und Washington ist man in erster Linie damit beschäftigt, deutschsprachige Quellen zu sichten und zu archivieren. In der Anne-Frank-Stiftung in Amsterdam ist ein junger Österreicher damit befaßt, eine große Ausstellung zusammenzu-stellen.
In den ehemaligen Ostblock-staaten, wo sich die Möglichkeit, auf dem Gebiet des Holocaust zu arbeiten, erst seit dem Ende der kommunistischen Herrschaft bietet, wird vor allem der nachkriegs-zeitliche Umgang mit dem Thema „Holocaust“ studiert. Aufgrund der mangelnden Infrastruktur ist „die Sache dort sicherlich ein bißchen ein Abenteuer“ (Maislinger). Auch die Entwicklung der Thematik innerhalb der Bevölkerung soll beobachtet werden.
„Für die Arbeit in Auschwitz-Birkenau, Theresienstadt, Litauen, Lettland und der Ukraine melden sich allerdings zu wenige Leute“, ärgert sich Maislinger, „gerade dort gibt es aber viel zu tun.“ Sehr beliebt sind hingegen die „Gedenkdienste“ in Israel (Yad Vashem), in den USA (Holocaust Memorial Museum, Washington) und in den Niederlanden (Anne-Frank-Stiftung, Amsterdam). Ge-plant ist in Zukunft auch die Mitarbeit bei der Vereinigung jüdischer Gemeinden der Ukraine in Kiew (Archivierungsarbeiten in Lemberg und Odessa). Ebenso sollen ein Projekt in Belgien (Foundation Auschwitz) mit Österreichern beschickt und die Mitarbeit in der Gedenkstätte Mauthausen und im Jüdischen Museum in Wien ermöglicht werden.
Andreas Maislinger arbeitet seit mehr als zehn Jahren am „Gedenken“.
Rechtliche Grundlagen für den „Gedenkdienst“ ist die Zivildienst-gesetz-Novelle von 1991. Nach §12 dieses Gesetzes ist es den Zivildienstpflichtigen möglich, einen Dienst im Ausland zu leisten, wenn dieser 14 Monate dauert, unentgeltlich ist und die Mitwirkung an der Lösung internationaler Probleme sozialer oder humanitärer Art zum Ziel hat. Pro Jahr wird zehn Personen vom Innenministerium dieser Dienst finanziert. Das Interesse am „Gedenkdienst“ ist ständig steig-end, was sich auch in der immer größer werdenden Zahl der Teil-nehmer am halbjährlichen Einführ-ungsseminar zeigt. Nach St.Virgil kamen 50 Personen. Insgesamt be-teiligten sich 80 Personen am Seminar. Auch die Vorbereitungs-seminare, die jedes Jahr
„Es geht dabei nicht um die für Österreich typische Demuts-haltung.“
zu Ostern in Israel abgehalten werden, erfreuen sich regen Zuspruchs. Derzeit sind alle fünf zur Auswahl stehenden „Gedenkdienst-Stellen“ besetzt. Die Vorausplanung reicht etwa in Yad Vashem bis zum Juni 1996.
Neben den „Gedenkdienstlern“ beschäftigen sich auch andere Gruppen um Andreas Maislinger mit den Auswirkungen des „Dritten Reiches“. So erarbeitet eine Gruppe von Historikern, Soziologen und Sinologen eine Ausstellung über die rund 7000 österreichischen Juden, die ihr Heil im Exil in der chinesischen Hafenstadt Shanghai suchten. Gezeigt werden soll die Ausstellung 1996/97 zuerst in Österreich und dann in anderen Ländern.
Projekt Details
- Datum 25. August 2016
- Tags Pressearchiv 1994