NTZ-Redaktion gegen Pust-Artikel, Neue Tiroler Zeitung

03.05.1985

Projekt Beschreibung

…einsam für den Frieden…

Es ist die Geschichte von einem, der auszog, um den Leuten alternativen Friedensdienst vorzuleben. Seinen ersten Bekanntheitsgrad erlangte Dr. Andreas Maislinger mit unbequemen Zwischenfragen beim Club 2 mit dem Thema „Friedensbewegung hinter dem Eisernen Vorhang“. Heute kennen viele den Assistenten seines Dissertationsvaters Anton Pelinka, sei es von seiner Arbeit über Widerstandsbewegungen im Dritten Reich oder von seinen Aktivitäten in der Friedensbewegung. Hier allerdings genügt es nicht, Maislinger als Mitläufer zu sehen. Für ihn ist die Friedensbewegung eine notwendige Basis der Diskussion in einer Zeit, die Gefahr läuft, mehr von Pershing II und SS 20 als von versöhnlichen Worten dominiert zu werden. Maislinger wurde in St. Georgen bei Salzburg geboren. Die Mutter arbeitete als kleine Geschäftsfrau, der Vater schuftete in einem Sägewerk und führte die kleine Landwirtschaft. Weil er es einmal besser haben sollte als die Eltern, ermöglichte man ihm den Besuch der Mittelschule. Andreas Maislinger versuchte nach der Matura, sich selbst zu finden. Erster Schritt: Er verweigerte den Wehrdienst. Die Kommission offerierte ihm bis zum Abschluß des Studiums Bedenkzeit. „Ich fühlte mich als Held“ (Maislinger). Nach Wunsch der Eltern hätte der Andreas Rechtsanwalt oder Richter werden sollen, doch schon nach der ersten Staatsprüfung gab er das “ verblödende“ (Maislinger) Jusstudium auf und inskribierte Geschichte, Philosophie und Politikwissenschaft. In Wien wurde er vorübergehend Mitglied der „Gruppe revolutionärer Marxisten“, was ihm heute noch manchmal den Ruf eines ,Linken‘ einbringt. Bei Auslandsaufenthalten an den Universitäten in Oslo, Warschau, Ost- und Westberlin knüpfte Maislinger Kontakte zu Friedensdurstigen. Als er schließlich in Berlin auf die „Aktion Sühnezeichen“ stieß, brachte diese den wichtigsten Einschnitt in seinem Leben. Ein Bußaufenthalt in der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau ließ ihn zu folgendem Schluß kommen: “ Verweigern allein genügt nicht mehr.“ Den Zivildienst beim Internationalen Versöhnungsbund nützte Maislinger, um Artikel zu schreiben und Vorträge zu halten. Zentrales Thema: Wie kann sich Österreich nichtmilitärisch verteidigen? Dr. Maislinger gilt als Experte für Fragen der Landesverteidigung. Auch seine Doktorarbeit hatte ein ähnliches Thema. Der Jubiläumsfonds der Nationalbank ermöglichte ihm eine Existenz am Institut für Politikwissenschaft an der Innsbrucker Universität. Sie bezahlt ihn seit 1. Oktober 1982 bis Frühjahr 1986 als Vertragsassistenten für das Forschungsprojekt „Tirol in der NS-Zeit“. Vom Beruf eines Journalisten hatte ihn ungenügendes Sozialprestige (“ von solchen Überlegungen bin ich nicht frei“) abgehalten. Daß Engagement für den Frieden nicht immer problemlos ist, mußte Dr. Maislinger in den letzten Jahren mehrmals feststellen. Einmal hatte er sich für ein sicherheitspolitisches Seminar der FPÖ gemeldet. Als aber auch seine Unterschrift bei der Aktion gegen die Bestellung Friedrich Peters zum Nationalratspräsidenten zu lesen war, flatterte dem knapp 30jährigen Maislinger am 17. Mai 1983 ein Brieflein ins Haus, in dem es hieß: „Sie werden verstehen, daß aufgrund Ihrer Teilnahme an der lange vorbereiteten und breit angelegten Kampagne gegen Klubobmann Peter eine Teilnahme an diesem Seminar damit unvereinbar ist.“ Der so ausgeladene Politikwissenschaftler verstand es zwar nicht, aber er nahm es zur Kenntnis. Ein anderes Mal sandte der Chef der ULV, Richard Bayer, im Zusammenhang mit dem geplanten Forschungsprojekt „Soziale Verteidigung in Österreich“ einen Brief an Anton Pelinka. Darin war von „pubertätspolitischen und salonbolschewistischen Thesen“ Maislingers die Rede. Nach einer vom Innsbrucker Uni-Assistenten angestrengten Klage wurde Ministerialrat Bayer wegen übler Nachrede verurteilt. Derzeit arbeitet Andreas Maislinger auch an einem Buch über den Putsch 1934 in Lamprechtshausen. Den Arbeitsaufwand rechtfertigt Maislinger mit der ihm eigenen Philosophie: „Ich will das halt einfach machen.“ Er ist immer dort anzutreffen, wo es gilt, Ideen einzubringen, Denkanstöße zu liefern, mitzudiskutieren. Sei es Radio, TV oder in Printmedien. Darin liegt wohl der Sinn seines Lebens.

Projekt Details

  • Datum 7. Juli 2016
  • Tags Pressearchiv 1979 - 1990

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