DÖW Mitteilungen Nr. 158 – September 2002 / Jenseits des Schlussstrichs

01.09.2002

Projekt Beschreibung

Horváth, Martin, Anton Legerer, Judith Pfeifer, Stephan Roth (Hrsg.): Jenseits des Schlussstrichs. Gedenkdienst im Diskurs über Österreichs nationalsozialistische Vergangenheit. Wien: Löcker 2002. 335 S. Seit 1992 gibt es den Verein Gedenkdienst, der sich der Erinnerungsarbeit an der Geschichte der nationalsozialistischen Verbrechen und im Speziellen des Holocaust widmet. Im Hinblick auf den österreichischen Anteil daran wird jungen Menschen unseres Landes die Gelegenheit geboten, 14 Monate lang an Gedenkstätten im Ausland zu arbeiten. Männlichen Gedenkdienern wird auch die Möglichkeit gegeben, diese Tätigkeit als Zivildienstleistung anerkannt zu bekommen. Zum zehnjährigen Jubiläum haben AktivistInnen des Gedenkdienstes diesen Sammelband vorgelegt. In über zwanzig Beiträgen wird einerseits über das verdienstvolle Engagement in verschiedenen Einsatzbereichen berichtet und auf der anderen Seite diese Arbeit in den größeren Zusammenhang des Umgangs mit Österreichs nationalsozialistischer Vergangenheit gestellt. So wird in mehreren Artikeln das Verhältnis von Erinnerung und Generationswechsel beleuchtet. Während die unmittelbar der Naziära folgende Generation emotional noch tief in familiären Schuldzusammenhängen verstrickt war, haben die nachfolgenden, auch den Verein Gedenkdienst tragenden Generationen mehr an zeitlicher und seelischer Distanz gewonnen, die eine unbefangenere und kritische Auseinandersetzung ermöglicht. Vielfach setzen sich aber auch unter diesen Jahrgängen die (ur)großelterliche und elterliche Abwehrhaltung und die daraus resultierenden Ressentiments und „Erklärungs“muster fort. Die Arbeit der Gedenkdienstleistenden stellt hohe psychische und intellektuelle Anforderungen. Einsatzorte sind neben den ehemaligen Konzentrationslagern u. a. die Anne Frank-Stiftung, diverse historische Institute und Forschungszentren, das United States Holocaust Memorial Museum, die Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem, ein Altersheim in Israel und das Leo Baeck Institute in New York. Im Rahmen der Austrian Heritage Collection des Leo Baeck Institute wurden bisher 600 in den USA lebende ExilantInnen erfasst und deren Lebensgeschichten dokumentiert. Der dadurch entstandene persönliche Kontakt hat es auch vielen Vertriebenen ermöglicht, in hohem Alter noch einen inneren Frieden mit der früheren Heimat zu finden. Ein ähnliches Projekt läuft mit den in Lateinamerika lebenden Ex-ÖsterreicherInnen. Der Buchbeitrag Fortsetzung folgt zeigt, dass ein beträchtlicher Teil der GedenkdienerInnen auch nach dem Ende ihres Einsatzes mit Leidenschaft dem Betätigungsfeld treu geblieben ist und mit einer Fülle von Aktivitäten, Buchpublikationen und Ausstellungen das Anliegen der Erinnerungsarbeit verfolgt. Heimo Gruber

Projekt Details

  • Datum 16. Juni 2016
  • Tags Pressearchiv 2002

Kommentar schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

nach oben