Projekt Beschreibung
Am Apparat Telefonkolumne
Warum muss der Gedenkdienst zusperren, Herr Spiegl?
INTERVIEW: NINA HORACZEK
POLITIK | aus FALTER 24/18 vom 13.06.2018
Seit 1992 leistet der Verein Gedenkdienst eine für Österreich bedeutende Arbeit: Er entsendet
Zivildienstleistende an Gedenkstätten und in Altersheime, in denen Holocaust-Überlebende
untergebracht sind. Ausgerechnet im Gedenkjahr 2018 droht dem Gedenkdienst nun das Ende.
Wieso das so ist, erklärt Gedenkdienst-Obmann Michael Spiegl.
Wieso droht dem Gedenkdienst ausgerechnet jetzt das finanzielle Aus?
Weil die Finanzierung nicht mehr ausreicht, um weiterhin Gedenkdiener zu entsenden. Schon
jetzt haben diejenigen, die im Ausland Gedenkdienst leisten, mit hohen Mehrkosten zu rechnen.
Aber wir können nicht zulassen, dass die Leute sich total verschulden müssen. Oder dass nur
noch jene Personen an einem Gedenkdienst teilnehmen können, die reiche Eltern haben.
Aber das Parlament hat doch mehr Geld zugesagt?
Ja, aber das Geld ist bei uns nicht angekommen. Im Herbst wurde zwar das Geld für alle
Freiwilligenauslandsdienste von 700.000 auf 1,2 Millionen Euro erhöht. Die zuständige Abteilung
im Sozialministerium hat uns aber mitgeteilt, dass, weil es mehr Interesse an Auslandsdiensten
gebe, die individuelle Förderung nicht erhöht werde. Zusätzlich sind wir jetzt auch noch mit
massiven bürokratischen Problemen konfrontiert.
Womit denn?
Das Sozialministerium verlangt beispielsweise von uns, dass wir alle Mitglieder unseres Vereins
offenlegen. Das sind etwa 450 Personen. Die Begründung lautet, die zuständige Abteilung
brauche diese Namen zur wirtschaftlichen Prüfung unseres Vereins. Laut unserem Anwalt ist das
gar nicht legal. Davon steht auch nichts im Gesetz. Wir können auch nicht einfach alle unsere
Mitglieder offenlegen.
Gibt es eine Möglichkeit, dass Private einspringen, damit der Gedenkdienst doch weiter
bestehen bleibt?
Wir sehen es als Aufgabe des Staates, diese aus historischen Gründen so wichtige Arbeit
unserer Gedenkdienstleistenden zu finanzieren.