Musik verbindet – Sozialdienst in Auroville

Seit Anfang September leistet Sebastian Durrani einen zehnmonatigen Sozialdienst in SVARAM – Musical Instruments & Research, in Auroville, Südindien. Auroville ist ein internationales, von der UNESCO unterstütztes Stadtprojekt, in dem etwa 2700 Menschen aus mehr als 140 Nationen der Erde leben. Das Ziel des Projektes ist eine Gemeinschaft zu bilden, in der Menschen über religiöse, politische und nationalstaatliche Grenzen hinweg friedlich und harmonisch zusammenleben. SVARAM ist eines der Vorzeige-Entwicklungsprojekte Aurovilles, in welchem derzeit über 50 Tamilischen Frauen und Männern die Chance auf einen gesicherten Arbeitsplatz sowie auf Aus- und Weiterbildung geboten werden. Das Volk der Tamilen lebt im Süden Indiens und auf Sri Lanka. In SVARAM werden vor allem Musikinstrumente produziert, aber es gehören auch Klangtherapie, Forschung und das Gestalten von Programmen, Workshops und Seminare zu den Tätigkeitsfeldern SVARAMS. Derzeit wird der SVARAM Campus aufgebaut. Dabei handelt es sich um ein Modell, indem antike Tamilische Kultur mit sozioökonomischer Entwicklung, Handwerk, Kunst und Wissenschaft verknüpft werden soll. Das ganze steht im Kontext der großen Vision, ein friedliches und harmonisches Zusammenleben zu schaffen. Das PR-Referat hatte die Chance mit Sebastian Durrani über seinen Dienst zu reden. Ein Bericht über die Erlebnisse und Begegnungen in Auroville:

Was sind deine Aufgaben in SVARAM?

Grundsätzlich wird mir eine große Vielfalt an Aufgabenbereichen geboten. Es ist auch möglich, dass ich eigene Projekte und Ideen realisiere. Um mich mit meinem Umfeld vertraut zu machen und die Mitarbeiter und Produktionsprozesse SVARAMs kennenzulernen, habe ich erstmal in der Werkstatt gearbeitet. Da ich aber keinen technisch-professionellen Hintergrund habe, war es von Anfang an klar, dass ich langfristig anders eingesetzt werde. So habe ich nach einer Woche meinen Arbeitsplatz ins Büro verlegt, wo ich administrative und organisatorische sowie Aufgaben der Mitarbeiterschulung übernommen hatte. Aus meinen Tätigkeiten haben sich nach einiger Zeit zwei Langzeitprojekte herauskristallisiert:
  1. Das Erstellen und Etablieren eines präzisen Kostenrechnungssystems, was mehr Klarheit in SVARAMs finanzielle und organisatorische Struktur bringen soll.
  2. Das Aufnehmen der in SVARAM produzierten Musikinstrumente, Komponieren und Kooperieren mit Künstlern aus Auroville und Umgebung, um so den Zugang in die große und vielfältige digitale Musikwelt zu ermöglichen und einen für SVARAM neuen Geschäftszweig zu eröffnen, was ein immenses Wachstumspotenzial mit sich bringt.
Für meine Arbeit habe ich mir zwei der von den Vereinten Nationen definierten „Sustainable Development Goals“ ausgesucht, auf welche ich mich besonders konzentriere:
  1. Ziel Nr. 8 – Decent Work & Economic Growth
  2. Ziel Nr. 11 – Sustainable Cities & Communities

Wie erlebst du Auroville und Indien?

Was mir an Auroville besonders gut gefällt, ist die Vielfalt an Menschen mit vollkommen unterschiedlichen kulturellen Hintergründen. Die Menschen wollen Großteils die fundamentale Ebene des einfachen Mensch-Seins finden, nicht indem kulturelle Unterschiede geleugnet werden, sondern indem diese respektiert, integriert und letztendlich über sie hinausgeblickt wird. In einigen Augenblicken lässt sich die Idee der menschlichen Einheit auch spüren. Zum Beispiel wenn Menschen aus allen möglichen Teilen der Erde bei der donnerstäglichen Drumming-Session im afrikanischen Pavillon um ein Lagerfeuer tanzen. So simpel, so menschlich sich zu Musik zu bewegen, nicht wichtig woher und wohin … Auroville ist auf keinen Fall repräsentativ für Indien. Bisher habe ich die meiste Zeit innerhalb Aurovilles verbracht, weshalb meine Erfahrungen von Indien noch in Grenzen halten. Jedoch habe ich viele indische Freunde, esse indisch, fahre im indischen Verkehr, höre indische Musik und beschäftige mich mit der Kultur, die ich immer interessanter finde. Ich war in einigen Tempeln, habe (zuerst) völlig bizarr erscheinende hinduistische Rituale mitgemacht, mir viel über Gurus, Sadhus und Yogis erzählen lassen und sogar das erste Tropenfieber erlitten. Indien ist weiterhin ein Rätsel für mich, dieses Land scheint so unglaublich vielfältig in jeder erdenklichen Hinsicht zu sein. Das fällt mir besonders auf, wenn ich mit Indern aus verschiedenen Teilen des Landes spreche. Ich bin sehr froh diesen Boden für weitere fünf Monate erkunden zu dürfen.

Was erlebst du als speziell während deines Aufenthaltes?

Ich erlebe meinen Aufenthalt an sich als außergewöhnlich, farbenfroh, herausfordernd und bereichernd. Als besonders speziell nehme ich die Menschen, mit denen ich im Rahmen meiner Arbeit in Kontakt komme, war. Das sind oft inspirierende Personen mit großartigen Ideen, einem faszinierenden beruflichen Hintergrund oder Wissen, oder Menschen die sich mit all ihrer Energie und Zeit darum bemühen, etwas Schönes in die Welt zu setzen. Ganz besonders in Auroville ist die Offenheit der Raum für Neues, gewissermaßen das kreative Potential. Das zeigt sich immer wieder bei den Events, Workshops und Seminaren.

Welche Veranstaltungen hast du bisher besucht, bzw. mitorganisiert?

  Im Rahmen meiner Arbeit bin ich jeden Mittwoch am „Soundbath“ beteiligt. Wir bringen allerlei Instrumente aus verschiedenen Regionen der Erde von SVARAM in den „Unity Pavillon“. Die Gäste legen sich auf Matten, entspannen und dann werden die Instrumente in bestimmter Reihenfolge, mit bewusst gewähltem Rhythmus und Lautstärke gespielt. Das Soundbath ist nicht nur ein akustisches Spektakel. Der Zuhörer wird zusammen mit der gespielten Musik in einen Zustand des „Nidra Yoga“, in eine „Tiefenentspannung“, einen bewussten Schlaf begleitet. Ich selbst helfe beim Aufbau, Abbau und beim Marketing. Manchmal spiele ich auch als Einleitung. Vor einigen Wochen haben einige Studenten aus New Delhi SVARAM besucht. Wir haben ein mehrtägiges „Sound Awareness Retreat“ veranstaltet, welches den Studenten, die Großteils schon in der DJ- und Producer-Szene bekannt sind, andere Perspektiven in der Musik zu eröffnen. Zu Neujahr wurden wir von einem Luxus-Hotel und Wellness-Zentrum eingeladen. Dafür haben einige der Tamilischen Arbeiter zusammen mit einigen Musikern aus Indien, Schweden, Brasilien, Deutschland und mir einen vierstündigen Auftritt organisiert. Natürlich organisieren wir auch intern Programme, Seminare und Meetings zur Mitarbeiterschulung. Jeden Donnerstag bereite ich Videomaterial oder eine kurze Präsentation für die Tamilischen Arbeiter vor. In meiner Freizeit gehe ich immer wieder zu Konzerten, Festivals, sehe mir Ausstellungen an und nehme auch gerne an verschiedenen Workshops und Seminaren teil.

Was würdest du deinem Nachfolger raten?

Meinem Nachfolger rate ich sich gut vorzubereiten, aber vor allem dem, was das Leben in dieser Zeit zu geben hat, mit einer offenen Haltung zu begegnen. Eindrücke aus Indien: Bericht: Sebastian Durrani, Maxmilian Pröll