Project Description
Mit einem Appell an Politiker und Zivilgesellschaften ist die internationale Antisemitismuskonferenz in Wien zu Ende gegangen. Die Konferenz wurde von den Universitäten Wien, Tel Aviv und New York sowie dem Europäischen Jüdischen Kongress (EJC) organisiert. 150 internationale Experten aus Politik, Wissenschaft, Zivilgesellschaft und Religion diskutierten vier Tage lang über Geschichte, Ursachen und unterschiedliche Facetten und Auswirkungen von Antisemitismus. Von der Antike bis zur Moderne, im Christentum und im Islam.
Darunter der Chairman der Jewish Agency Natan Sharansky, der Präsident der Conférence des Imams de France, Imam Hassen Chalgoumi oder die Antisemitismusbeauftragte der Europäischen Union, die Deutsche Katharina von Schnurbein. Der wachsende Antisemitismus bedrohe nicht nur die Sicherheit jüdischer Bürger in Europa, sondern sei auch eine akute Bedrohung für die gesamte Demokratie, hieß es in der Wiener Abschlusserklärung. Demnächst wollen die Teilnehmer aus Wissenschaft, Religion, Politik und Zivilgesellschaft die Ergebnisse der Konferenz in effektive Strategien gegen Antisemitismus und in ein Handbuch umsetzen.
Material: Andrea Beer / Jan Heier
Video: Jan Heier
„An End to Antisemitism (!)“ ?
Das Ausrufezeichen der Konferenzüberschrift versahen Beobachter und Teilnehmer allerdings mit einem großen Fragezeichen, denn es wurden massive Zweifel an der Ernsthaftigkeit der schwarz-blauen Regierung von ÖVP Kanzler Sebastian Kurz geäußert, den Antisemitismus wirklich bekämpfen zu wollen. Auch Dina Porat, Chefhistorikerin von Jad Vashem , sah hier Spannungen. Zumal die Wiener Wochenzeitung FALTER just während der Tagung einen weiteren antisemitischen Skandal enthüllte. Dieser hängt erneut mit Burschenschaften zusammen, die enge Verbindungen zur regierenden rechtsdemagogischen FPÖ und deren Ministern hat. Nach der Burschenschaft Germania soll nun auch die Wiener „Bruna Sudetia“ ein Liederbuch mit antisemitischen Texten besitzen. Vorsitzender ist Herwig Götschober, Pressereferent bei FPÖ Verkehrsminister Norbert Hofer. Bis zur Aufklärung der Vorwürfe hat sich Götschober beurlauben lassen.
Es ist etwas Besonderes, gerade in Wien über Antisemitismus zu reden, Wien oder Österreich war die Heimat von Josef Roth und vielen anderen der Besten des Judentums. Wien war aber gleichzeitig Schauplatz, mit des schlimmsten Antisemitismus, als dieser eine vernichtende Kraft war, zur Zeit des sogenannten Anschluss 1938, den viele bejubelten. Wien war ein Ort des Schmerzes des Horrors zur Zeit des Holocaust und Wien ist auch heute ein Ort, an dem Antisemitismus wieder eine zentrale Frage ist. Bernard-Henri Levy, französischer Philosoph in seiner Rede auf der Wiener Antisemitismuskonferenz
HEINZ FASSMANN
Anstelle des erkrankten Kanzlers Sebastian Kurz hielt Österreichs Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) eine Rede auf der Konferenz. Zur Kritik an den antisemitischen Vorfällen der letzten zwei Monate verwies Faßmann lediglich auf den Koalitionsvertrag, Darin steht, dass Antisemitismus nicht geduldet wird. Jüdische Hochschüler hielten Faßmann ein Plakat entgegen
DINA PORAT
Dina Porat will die Situation in Österreich noch nicht abschließend bewerten. Die Chefhistorikerin der israelischen Gedenk- und Forschungsstätte Jad Vashem sieht aber durchaus Widersprüche. Zwischen den Aussagen von Kanzler Sebastian Kurz zur Bekämpfung von Antisemitismus und den aktuellen antisemitischen Vorfällen, von Kurz‘ Koalitionspartner FPÖ.
PAUL IGANSKI
Paul Iganski von der Universität Lancaster filtert weltweit antisemitische englischsprachige Tweets aus Twitter heraus. Mit speziellen Suchmaschinen sucht Iganski nach Begriffen wie Zio oder Neozio, die das Thema Zionismus aufgreifen. Auch auf Twitter ist Gegenwehr möglich. Unter dem Motto „Get the trolls out“ haben Iganski und seine Partner einen LEITFADEN hierfür entwickelt.