Was schenken wir dem Vater Staat?, Der Standard

11.09.2001

Project Description

Der Standard 11. September 2001 DER Schüler-STANDARD 

Was schenken wir dem Vater Staat?

Nach der Matura müssen sich viele Achtzehnjährige entscheiden, ob sie dem Staat lieber als Soldat oder als Zivildiener ein Opfer bringen.

Sebastian Howorka

Jedes Jahr erhalten Tausende Burschen ihren Stellungsbescheid, der sie dazu verpflichtet, sich körperlich und seelisch zu entblößen sowie untersuchen zu lassen, muss sich jeder Taugliche entscheiden, ob er dem Staat seine Zeit beim Bundesheer oder als Zivildiener schenken soll. Beides hat seine Vor- und Nachteile, und es liegt an jedem selbst, was ihm eher zusagt. Zur Erleichterung der Entscheidung kann man diese Kurzbeschreibung beider Optionen heranziehen:

Der Wehrdienst dauert acht Monate, wobei die Grundausbildung und die körperliche Ertüchtigung die ersten sechs Wochen vereinnahmen und dann die Spezialisierung folgt. Man kann sich beim Heer aussuchen, in welchen Bereich man möchte, wobei es bei manchen Restriktionen (bei der Garde eine Mindestgröße) zu beachten gibt.

Ein Grundwehrdiener verdient etwa 3000 Schilling im Monat und bekommt meist ein Mittagessen in der Kaserne. Seine Arbeit kann von vierwöchigen Grenzeinsätzen über “normale” Kasernenzeit bis hin zu Kellnerei im Offizierscafé reichen.

Der Zivildienst, laut Verfassung “Wehrersatzdienst”, bezieht sich auf Aufgaben im zivilen Bereich und dauert zwölf Monate. Auch hier gibt es unterschiedlichste Auf- gaben.

Einsatz in Mauthausen

“Die Schwerpunkte der Einsätze liegen im Rettungswesen, der Sozialhilfe, der Behindertenbetreuung und im Katastrophenschutz”, wie die Homepage des Innenministeriums verkündet. Ein “Zivi” kann aber auch zu Arbeiten in Gedenkstätten (zum Beispiel Mauthausen), im Verkehrskuratorium oder bei Nicht-Regierungs-Organisationen herangezogen werden. Letztere können sich immer weniger Zivildiener leisten, da der Staat für sie “Miete” verlangt.

Das Innenministerium versucht, die Wünsche des Zivildieners bezüglich Einrichtung so weit wie möglich zu erfüllen, Garantie gibt es aber leider keine. Es kann außerdem sein, dass man ein oder mehrere Jahre auf seinen Platz warten muss. Auch finanziell sind Zivildiener ihren Kollegen beim Bundesheer gegenüber benachteiligt: Laut Homepage des Innenministeriums beträgt die Grundvergütung derzeit 2406 S (175 EURO) pro Monat und wird von der jeweiligen Trägerorganisation bezahlt, die auch für “angemessene Verpflegung” sorgen muss.

Als Zivi im Ausland

Für Burschen, die weder zum Heer noch zum Zivildienst in der Heimat wollen, gibt es noch eine weitere, interessante Möglichkeit: Der Auslandsdienst, offiziell “Zivil-Ersatz-Dienst” genannt. Dabei werden Zivis von Trägerorganisationen in Österreich ausgewählt und zu deren Partnerorganisationen im Ausland entsendet, wo sie 14 Monate im Bereich des Gedenk-, Friedens- oder Sozialdienstes zu arbeiten haben. Auch hier gibt es verschiedene Möglichkeiten des Einsatzes: Ins Anne-Frank-Haus nach Amsterdam, zur Friedensarbeit nach Palästina oder zur Betreuung von Straßenkindern nach Mexiko.

Der österreichische Staat fungiert hierbei nur als Sponsor: Kosten bis zu 137.603 S (10.000EURO) werden gedeckt. Diese Summe mag zwar im ersten Augenblick ins Entzücken versetzen, letztendlich muss man als Auslandszivildiener aber mit finanziellen Verlusten rechnen, wobei die dabei gesammelten Erfahrungen natürlich nicht mit Geld aufgewogen werden können.

Eine zweijährige Tätigkeit im Entwicklungshilfe-Bereich kann den Zivildienst ersetzen. Die Möglichkeiten, die uns Vater Staat für die “geraubte Zeit” der Wehrpflicht und des Zivildienstens anbietet, sind also sehr unterschiedlich, und es lohnt sich, Erkundigungen einzuholen.

INFORMATION

Infos vom Zivil- bis zum Wehrdienst:

[] Zivildienst

Bundesministerium für Inneres, Abteilung IV/3 im dritten Wiener Gemeindebezirk. Landstraßer Hauptstraße 169, Tel. (01) 531 26- 5500 oder 0810 00 5140.

Ihr könnt aber auch ein Mail schicken an: zivildienst@bmi.gv.at

www.bmi.gv.at

[] Auslandsdienst

Unter der Internetadresse www.bmi.gv.at findet ihr den Link “Weg zum Zivildienst” der eine Vernetzung zum Auslandsdienst hat. Dort gibt es nützliche Infos für den Gedenk-, Friedens und Sozialdienst im Ausland.

[] Wehrdienst

Bei der Bürgerservicestelle des Verteidigungsministeriums gibt es Auskünfte rund um den Dienst beim Bundesheer.

Mariahilfer Straße 24, 1070 Wien, Tel. 0810 20 0106, E-Mail: buergsrv@bmlv.gv.at

[] Mehr Infos

Auch der Presse- und Informationsdienst des Verteidigungsministeriums beantwortet Fragen rund ums Bundesheer und den Zivildienst. Tel. (01) 520 020 101

Project Details

  • Date 3. July 2016
  • Tags Pressearchiv 2001

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