Fürs Leben lernen, Euro26 Magazin

31.08.2004

Project Description

Fürs Leben lernen

Man nehme: Einen Reisepass, ein paar eigene Habseligkeiten und viel Mut, drehe das ganze um einige Breiten- und Längengrade und lasse es ein paar Monate ziehen. Was dabei rauskommt? Ein Auslandsaufenthalt, der dein Leben verändert. “Ich war bisher noch nie länger als ein Monat von zu Hause weg, und auch dann immer mit Familie oder Freunden. Wenn ich nach Montreal gehe, dann wäre das wie ein Sprung ins kalte Wasser – ich müsste mir mein soziales Umfeld neu aufbauen, hätte anfangs sicher Schwierigkeiten mit der Sprache .. ich müsste lernen, damit umzugehen.” Chrisitan Witternigg ist 19 und möchte seinen Zivildienst im Ausland absovieren. Zwei Monate mehr als in Österreich, weit weg von zu Hause, “und zum guten Zweck zusätzlich Auslandserfahrungen zu sammeln, die wertvoll sind fürs weitere Leben”. So wie Chrisitan entscheiden sich jährlich tausende junge Menschen, einige Zeit im Ausland zu verbringen. Die Möglichkeiten dazu sind vielfältig: Neben dem eben erwähnten Auslands-Zivildienst gibt´s Schüler-Austausch, au pair, Auslandssemester beim Studium, Auslands-Praktikum, Sprachferien und Ähnliches. Die Gefühle hingegen, die bei so einer Entscheindung mitspielen sind sehr oft ähnlich. Ein kleiner “Abschied für immer” Was Christian noch vor sich hat, hat Florian Niederndorfer, 25, schon bald hinter sich. Nur noch zwei Monate, dann ist sein Auslandsdienst in Amsterdam vorbei. An die Gefühle vor der Abreise kann er sich noch sehr gut erinnern. “Da gab´s einige schlaflose Nächte. Es waren noch so viele Sachen zu erledigen, von jedem sollte man sich verabschieden. Irgendwie fühlte es sich an wie ein kleiner ‘Abschied für immer’.” Aber er wusste: Er will weg, unbedingt. “Einen neuen Blickwinkel finden, eine neue Sprache lernen, neue Erfahrungen sammeln”, das waren für ihn die Gründe, den Schritt ins Ungewisse zu wagen. “Ich glaub, es ist wichtig, grad als junger Mensch so viel wie möglich rauszukommen. Und wenn man jung ist, geht´s auch noch leichter: Man hat noch keine Kinder, keine fixe Wohnung, keinen Beruf, der sich schwer unterbrechen lässt.” Den Schritt wagen Noch keine eigenen Kinder, und trotzdem rund um die Uhr Mutterpflichten: ´Bernadette Wörndl ist 23 und hat sich ihren Traum vom Auslandsaufenthalt durch eine Stelle als au pair erfüllt. Nach anfänglichen Schwierigkeiten (“Es dauert schon so fünf bis sechs Monate, bis man sich zusammengerauft hat. Vorher kann man sich so Sachen anhören wie ‘I hate you’ oder dass man der schlimmste Babysitter von allen ist.”) sind ihr die Kinder sehr ans Herz gewachsen, und sie genießt ihre Zeit in San Francisco voll und ganz. Sie könnte sich sogar vorstellen, dort zu bleiben: “San Francisco ist meine absolute Traumstadt geworden. Alle möglichen Kulturen, Traditionen und Religionen treffen sich hier und verschmelzen teilweise ineinander – es ist der so genannte ‘meltingpot’.” Nicht nur die Offenheit, auch die Küche von San Francisco hat es Bernadette angetan. Als Assistentin in einer Kochschule hat sie sich viel Wissen über ihre gar nicht so geheime Leidenschaft aneignen können. Und für ihren typisch österreichischen Apfelstrudel hat Bernadette sogar ein paar Catering-Aufträge bekommen. Laptop statt Rucksack “Um ein Land kennen zu lernen, ist es viel besser, dort zu arbeiten, anstatt als Tourist hinzufahren.” Barbara Gallackner, 23, hat statt dem Rucksack ihren Laptop umgehängt, um die östliche Welt zu entdecken: Ihr dreimonatiges Praktikum hat sie in einem Büro für Produktdesign in Indien absolviert. Die Sprache im Büro mit ihren indischen Kollegen war Englisch, die Sprache der Arbeit war global: “Die Programme, Präsentationen… Ich war überrascht, dass es kaum Unterschiede gab zu österreichischen Büros.” Als sie gleich nach dem Hochschulabschluss nach Indien ging, war die Skepsis in ihrer Umgebung groß: Warum gerade nach Indien? Welche beruflichen Fortschritte könne sie in einem “Entwicklungsland” schon machen? Jetzt, ein halbes Jahr danach, erweist sich ihre Entscheidung als vollkommen richtig: “Es hat mir auf alle Fälle was gebracht. Viele Firmen laden mich gerade deshalb zu einem Vorstellungsgespräch ein, weil sie wissen wollen, wie das mit Indien war.”

Project Details

  • Date 16. December 2015
  • Tags Pressearchiv 2004

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